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Update

Finanzaffäre: Grüne suchen ihren Schatzmeister und 40.000 Euro

Finanzaffäre bei den Brandenburger Grünen: Der Landesverband stellt Strafanzeige gegen unbekannt, weil in der Parteikasse 40.000 Euro fehlen.

Es klingt wie eine Räuberpistole, ist aber für Brandenburgs Grüne bitterer Ernst: Der Landesverband hat Strafanzeige gestellt, weil in der Parteikasse 40.000 Euro fehlen. Im Verdacht steht der 33-jährige Landesschatzmeister Christian Goetjes, der spurlos verschwunden ist, wie die beiden grünen Landeschefs Annalena Baerbock und Benjamin Raschke am Mittwoch mitteilten.

„Wir sind absolut schockiert“, sagte Baerbock. „Wir haben alle relevanten Konten gesperrt.“ Die Hintergründe sind mysteriös. Goetjes wird von der Polizei gesucht, nachdem seine Eltern aus Sorge eine Vermisstenanzeige gestellt haben. In der Partei herrscht blankes Entsetzen. Denn die Auswirkungen sind gravierend.

Allerdings wies die Landesspitze am Abend Spekulationen zurück, wonach der Landesverband vor der Pleite stehe und auf Kredite des Bundesverbandes hoffe. Baerbock sagte, Mieten und Gehälter könnten „bezahlt“ werden. Allerdings müsste für künftige Projekte nun Geld intern umgeschichtet werden. Es gebe auch Rücklagen.

Nach der Grünen-Erklärung, die Mittwochmittag an die Medien und an alle Mitglieder verschickt wurde, hatte Goetjes am Montag seinen sofortigen Rücktritt erklärt. Und zwar „schriftlich“, mit einer E-Mail. Seitdem sei er nicht mehr erreichbar gewesen, hieß es. Zur Sitzung des Landesvorstandes am Abend erschien er nicht. Als Raschke und Baerbock die Konten ihrer Partei unter die Lupe nahmen, die 2009 nach vierzehnjähriger Abstinenz in den Landtag eingezogen war, taten sich Abgründe auf. „Dabei mussten wir feststellen, dass in den letzten Tagen Barabhebungen nach jetzigem Stand in Höhe von rund 40.000 Euro getätigt wurden, von denen der Landesvorstand keine Kenntnis hatte“, hieß es. Es hatte gleich mehrere unerklärliche Abhebungen gegeben: letzten Donnerstag, Freitag und zuletzt am 21.Februar, also noch am Montag, als die Rücktrittserklärung von Goetjes einging. Aufgrund der „momentan vorliegenden Fakten“ sehe man sich „rechtlich und politisch gezwungen, Strafanzeige zu erstatten“, hieß es weiter.

Nach Angaben der Landeschefs hat nur ein „sehr kleiner Personenkreis“ Zugang zu den Konten. Zum Verhängnis wurde den Grünen wohl, dass es das in Vereinen zwingend übliche Vier-Augen–Prinzip – also grünes Licht von zwei Bevollmächtigten für jede Transaktion – nicht gab.

Der 33-jährige Goetjes, seit 2000 Schatzmeister unter mehreren Landeschefs, gilt trotz seines jungen Alters als grünes Urgestein. Er war früher Chef des Landesschulbeirates, saß als Grünen-Fraktionschef im Stadtparlament von Hohen Neuendorf, ist seit 2008 im Vorstand des Kreisverbandes Oberhavel. Er hatte seit 2006 Wirtschaftswissenschaften in Berlin studiert, sei dort aber 2010 exmatrikuliert worden, wie Nachfragen der Grünen ergaben. Die Polizei recherchiert im Umfeld und fahndet nach seinem verschwundenen Auto. Goetjes hatte vor zwei Wochen in einer E-Mail an die Spitze Rücktrittsabsichten wegen Überlastung geäußert. Eine „Lebenskrise“ wird nicht ausgeschlossen. Die Grünen versuchen, die Affäre von der Landtagsfraktion fernzuhalten. Unter Verweis auf Absprachen mit der Landesspitze wollte deren Chef Axel Vogel keinen Kommentar abgeben.

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