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Brandenburg: Flughafen wird privatisiert

POTSDAM . SPD und CDU wollen am heutigen Mittwoch im Landtag grünes Licht für die Flughafenprivatisierung und den erforderlichen Nachtragshaushalt geben.

POTSDAM . SPD und CDU wollen am heutigen Mittwoch im Landtag grünes Licht für die Flughafenprivatisierung und den erforderlichen Nachtragshaushalt geben. Damit verbinde man die Erwartung, "daß an der Ordnungsmäßigkeit des Bewerberauswahlverfahrens kein Zweifel besteht", heißt es in dem gemeinsamen Entschließungsantrag. Sollte sich der Verdacht bestätigen und der Vertrag hinfällig werden, soll die Regierung "alles Erforderliche zur Wahrung ihrer Rechtsposition unternehmen". Außerdem wird sie aufgefordert, alle Maßnahmen zu ergreifen, damit sich der Großflughafen-Bau nicht verzögert. Die PDS will hingegen eine Absetzung der Entscheidung beantragen.In der SPD-Fraktion fiel die Entscheidung, Privatisierung und Nachtragshaushalt trotz neuer staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen zu billigen, einstimmig. Zuvor hatte Staatskanzlei-Chef Jürgen Linde erklärt, daß das Vergabeverfahren fachlich keinen Grund zu Beanstandungen biete. Linde wörtlich: "Es ist transparent gelaufen." Der Betrugsvorwurf sei nicht schlüssig. Finanzministerin Wilma Simon wies darauf hin, daß dem Land auch dann kein Schaden entstehe, wenn die Privatisierungsverträge platzen sollten. Die im Nachtragshaushalt vorgesehenen Zahlungen beträfen erst folgende Jahre. SPD-Fraktionschef Wolfgang Birthler meinte, die Entscheidung des Landtages erfolge unabhängig von den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Auch CDU-Fraktionschef Wolfgang Hackel hält die Zustimmung für verantwortbar: Der Landtag entscheide über das rechtliche und finanzielle Gesamtkonzept und nehme die direkte Vergabeentscheidung nur zur Kenntnis.Hingegen erklärte die verkehrspolitische Sprecherin der PDS, Anita Tack, daß das Parlament mit der Billigung der Verträge zum jetzigen Zeitpunkt jegliche Entscheidungs- und Einflußmöglichkeit aus der Hand gebe. Tack sagte, daß die im Nachtragshaushalt eingestellten Mittel für die Privatisierung der Berlin Brandenburg Flughafen-Holding (BBF) und die Finanzierung des Großflughafens BBI in Höhe von rund 435 Millionen Mark "bei weitem nicht ausreichen werden". Die Risiken für den Landeshaushalt seien sehr viel größer. Unterdessen hat das Oberlandesgericht mitgeteilt, daß die mündliche Verhandlung über die Beschwerde des beim Vergabeverfahren unterlegenen Bieters IVG am 27. Juli stattfinden werde. Flughafenbetreiber bangen um Kredite Sichere Einnahmequelle gefährdet: Fluggesellschaften weisen Erhöhung der Abfluggebühren zurück VON RAINER W. DURING Der Streit um die ab November geplante Abfluggebühr des neuen Flughafens Berlin Brandenburg International (BBI) in Schönefeld droht zu eskalieren. Als völlig unzureichend haben Vertreter der Fluggesellschaften ein Schreiben zurückgewiesen, mit dem die Flughafen-Holding versucht, das Finanzierungskonzept des mit Privatisierung und Bau beauftragten Konsortiums unter Führung der Hochtief AG zu erläutern. Haben die Fluglinien mit ihrem Widerstand Erfolg, platzt das BBI-Projekt.Mit den erwarteten Einnahmen der Holding von 230 Millionen DM bis zum Jahr 2007 kann ein Investitionsvolumen von rund 2,3 Milliarden DM finanziert werden, heißt es in dem 30-Seiten-Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt. Weitere 1,1 Milliarden Mark soll bis dahin die Gebühr erbringen. Ohne diese sichere Einnahme würden die Banken einen Kredit über den verbleibenden Differenzbetrag von 1,5 Milliarden Mark "als erheblich risikobelastet und nicht vergebbar ansehen". Insgesamt soll die erste Bauphase des BBI 4,9 Milliarden DM kosten.Bereits im November 2000 kann die zunächst auf 16,80 DM plus Mehrwertsteuer festgelegte Gebühr erstmals gemäß Inflationsrate erhöht werden. Für den Zeitraum bis 2030 wird mit einem Durchschnittsbetrag von 24,08 DM pro abfliegendem Passagier gerechnet. Fracht- und Postflüge sollen je nach Gewicht ein Zusatzentgelt von 50 bis 150 DM pro Start zahlen. Das Finanzierungsentgelt muß noch von den Ländern Berlin und Brandenburg genehmigt werden. Als Grundlage für die Erhebung bereiten die Altgesellschafter der Flughafen-Holding einen öffentlichen-rechtlichen Vertrag mit dem Hochtief-Konsortium vor.Die Gebühr soll laut dem Papier "an die Luftverkehrsgesellschaften" in Rechnung gestellt werden. Die haben bereits die Ausnutzung aller rechtlichen Mittel gegen das Finanzierungsentgelt angekündigt. Berlin braucht den BBI, die Airlines brauchen ihn nicht, so Hans-Henning Romberg, Chef der Regionalfluglinie Tempelhof Express und Ex-Geschäftsführer der Flughafen-Holding.Indessen haben die BBI-Planer offenbar selbst Zweifel an der angestrebten Drehkreuzfunktion bekommen, für die man den Verkehr an einem Flughafenstandort bündeln möchte. "Ein eindeutiges Bekenntnis der Airlines, BBI überhaupt als Hub zu nutzen, steht noch aus."

MICHAEL MARA

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