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Brandenburg: Fördermittel-Stopp für Nationalpark-Verein

POTSDAM .Der einzige brandenburgische Nationalpark Unteres Odertal ist gefährdet, weil der Dauerkonflikt um Naturschutz und Landwirtschaft erneut eskaliert.

POTSDAM .Der einzige brandenburgische Nationalpark Unteres Odertal ist gefährdet, weil der Dauerkonflikt um Naturschutz und Landwirtschaft erneut eskaliert.Nachdem der Landtag am Mittwoch trotz Widerstandes von Regierung und der SPD-Fraktionsspitze mit den Stimmen von CDU, PDS und der SPD-Mehrheit beschlossen hatte, dem Naturschutz-Förderverein den Geldhahn zuzudrehen, mahnte Ministerpräsident Manfred Stolpe gestern zur Besonnenheit."Entweder es gibt einen Kompromiß.Oder der Nationalpark ist tot", sagte Stolpe dem Tagesspiegel.Bis 2004 sollte der deutsch-polnische Nationalpark rund 45 Millionen Mark Fördermittel erhalten.

CDU-Herausforderer Jörg Schönbohm begrüßte das parteiübergreifende Landtagsvotum, durch das die rigide Politik des Fördervereins gegenüber den Landwirten im Unteren Odertal gebrochen werden soll."Endlich kehren auch in Brandenburg normale Verhältnisse ein.Das Parlament kontrolliert die Regierung - und nicht umgekehrt", sagte Schönbohm.Es sei ein gutes Zeichen, daß Teile der SPD-Fraktion der Regierung "nicht mehr blind folgen".

Die Landesregierung selbst zeigte sich gestern uneins, welche Folgen der vom Landtag überraschend verfügte Mittelstopp haben wird.Landwirtschaftsminister Gunter Fritsch sprach von einer "klugen Entscheidung" des Parlaments, mit dem das "unkontrollierte Handeln des Vereins" gestoppt werden könne.Dagegen befürchtet Umweltminister Eberhard Henne, daß der Bund jetzt Fördermittel in Millionenhöhe von Brandenburg zurückfordern und das einzige Nationalparkprojekt Brandenburgs sterben könne.Henne kündigte rechtliche Prüfungen an.Auch Ansgar Vössing, Vizevorsitzender des Vereins und bei der Berliner Senatsverwaltung tätig, sprach von einer "nicht zu Ende gedachten Entscheidung", da Bund und EU rund 40 Millionen Mark an Fördermitteln zurückfordern könnten.Brandenburg habe sich an die mit dem Verein eingegangen Verträge zu halten.Da diese Gelder für Naturschutz vorgesehen seien, könne es auch keine Abstriche an Naturschutzauflagen für Landwirte geben.

Zum Entsetzen von Regierung und SPD-Fraktionschef Wolfgang Birthler hatte das Gros der SPD-Mehrheitsfraktion entgegen der vorher vereinbarten Fraktionslinie am Mittwoch abend die Gefolgschaft verweigert.Zusammen mit CDU- und PDS-Stimmen stoppte die SPD-Mehrheit vorübergehend die Zuweisungen aus dem sogenannten Gewässerrandstreifenprogramm an den Verein.Aus diesen vom Bund bereitgestellten und vom Land lediglich ausgereichten Geldern erwirbt der Verein die für den Nationalpark benötigten Flächen.Sie sind für geplante Totalreservate ohne jeglichen Zugang für den Menschen (50 Prozent des Nationalparkes), aber auch als Austauschflächen für Landwirte vorgesehen.6000 Hektar Wiesen, Weiden, Gewässer, Wälder und Äcker in- und außerhalb des Nationalparkes sind bereits gekauft.Wie schon im Vorfeld des 1995 im Landtag verabschiedeten Nationalparkgesetzes debattierten Landwirte und Naturschützer im Unteren Odertal jedoch seit Jahren erbittert über die Länge der Pachtverträge und Auflagen für die landwirtschaftliche Nutzung der Randzonen im Nationalpark."Die Regierung hat versagt, weil sie den Interessenkonflikt nicht beigelegt hat", sagte PDS-Fraktionschef Lothar Bisky.Daß jetzt auch für viele SPD-Fraktionsmitglieder "das Maß" voll war, hat dem Vernehmen nach nicht zuletzt an der "verfehlten Politik" des Umweltministeriums in den letzten Wochen gelegen.Das Faß zum Überlaufen brachte das Umweltministerium, als es Ende April neue Förderbescheide für den Förderverein erteilt hatte - trotz entsprechender Beschlüsse ohne Abstimmung mit Landwirtschaftsministerium, SPD-Fraktion und Landtag.Die brisanten Förderbescheide wurden von Staatssekretär Rainer Speer unterzeichnet.Speer war gestern auf "Informationsreise" in Rußland: zum Erfahrungsaustausch in einem Nationalpark bei Moskau.

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