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Fortschritt: Anschluss ans Digitalzeitalter

In weiten Teilen des Landes fehlen schnelle Internetzugänge. Ein Pilotprojekt soll das jetzt ändern - mittels Funkübertragung

Thomas Jansens Zeitmaschine ist silbern und so groß wie eine Zigarrenschachtel. Er hat sie mit Saugnäpfen an seinem winzigen Dachfenster befestigt. Die kleine Sende- und Empfangsbox hat Jansen mit einem Schlag ins moderne Internetzeitalter katapultiert. „Für uns war das ein Quantensprung“, sagt Jansen, der im 762 Einwohner zählenden Ort Blumenthal südwestlich von Wittstock/Dosse mit sechs Mitarbeitern ein Stadtplanungsbüro betreibt.

Jansen ist einer von 100 Teilnehmern an einem Pilotprojekt der Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg MABB und der Telekom-Tochter T-Mobile. Ziel des bundesweit ersten Versuchs dieser Art ist es, die technischen und wirtschaftlichen Bedingungen zu erproben, unter denen Rundfunkfrequenzen für die Versorgung mit schnellem Internet über Mobilfunk genutzt werden können. Am Donnerstag stellten die Verantwortlichen das Projekt in Wittstock vor. Eine halbe Million Euro wurde bisher investiert.

In vielen Gegenden Brandenburgs haben die Menschen heute noch immer keinen Zugang zu modernen Breitbandnetzen. Während in Berlin etwa 98 Prozent der Haushalte schnelle Internetanschlüsse über DSL nutzen können, sind es in Brandenburg nur 65 Prozent der rund 1,2 Millionen Haushalte. Nirgendwo in der Republik sind die weißen Flecken in der Versorgung mit Breitband so groß wie in Brandenburg, hat der Hightech-Verband Bitkom ermittelt. Vor kurzem hat die Bundesregierung ihre Breitbandstrategie beschlossen, wonach diese weißen Flecken bundesweit bis spätestens Ende 2010 versorgt werden sollen. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hat sogar das Ziel ausgegeben, die Lücken bereits bis Ende 2009 „weitgehend“ zu schließen.

Das Problem ist: Der Ausbau der Glasfasernetze, mit denen die Ballungsräume versorgt werden, lohnt sich in den Augen der Telekommunikations- und Kabelnetzbetreiber nicht bis in den letzten Winkel Brandenburgs. Clemens Appel, Chef der Staatskanzlei, sagte am Donnerstag, die Betreiber würden Kosten von 25 000 Euro pro Kilometer veranschlagen. „Einen Hof zu versorgen, der drei Kilometer weit draußen liegt, das lohnt sich einfach nicht“, sagte Appel. Doch auch in den ländlichen Gebieten Brandenburgs gibt es Unternehmer, Ärzte, Freiberufler und Schüler, die auf einen schnellen Internetanschluss genauso angewiesen sind, wie die Menschen in den großen Städten.

Deshalb müssen alternative Technologien her. Mobilfunk kann eine Lösung sein, wobei die herkömmlichen Mobilfunkantennen eine Reichweite von zwei bis vier Kilometern haben. Zu wenig für die Versorgung großer Flächen. Nutzt man jedoch die Rundfunkfrequenzen, sind 15 bis 18 Kilometer drin. Doch noch gibt es längst keine bundesweite Einigung darüber, welche Rundfunkfrequenzen dafür freigegeben werden sollen. Und es gibt noch eine Reihe technischer Probleme zu lösen. So muss untersucht werden, ob die Funktechnik zum Beispiel den Betrieb von drahtlosen Mikrofonen stört oder den Empfang von digitalem terrestrischem Fernsehen (DVBT).

Staatskanzlei-Chef Appel und MABB-Direktor Hans Hege wollen einen pragmatischen Weg gehen und mit kleinen Pilotprojekten wie in Wittstock/Dosse und ab April in einem weiteren Versuch in den Rauener Bergen östlich von Berlin zu beginnen. Diese Projekte sollen dann schrittweise ausgebaut werden. „Es wird nicht eine Technik für ganz Brandenburg geben, sondern viele Insellösungen“, sagte Appel. Allmählich sollen die Inseln dann größer werden und schließlich alle weißen Flecken bedecken. Was die Nutzer am Ende für einen Anschluss bezahlen müssen, darüber hielt sich T-Mobile noch bedeckt.

Stadtplaner Jansen, der sein Büro auf dem Gelände der alten LPG in Blumenthal hat und bei der Arbeit den Blick auf das Gerstenfeld vor seinem Fenster genießt, ist begeistert von der neuen Technik. „Reinstecken und loslegen – wie es funktioniert, ist mir egal“, sagt er. „Aber es muss funktionieren. Und das tut es, ganz ausgezeichnet.“ Früher ist Jansen über ein ISDN-Modem ins Netz gegangen. Bei seiner Arbeit, zum Beispiel am Flächennutzungsplan für den neuen Großflughafen in Schönefeld, müssen immer wieder große Datenmengen ausgetauscht werden. 100 bis 150 Euro im Monat zahlte er für die langsame Internetnutzung – deutlich mehr als die rund 30 Euro, die etwa in Berlin der viel schnellere DSL-Anschluss kostet. „Während die Daten übertragen wurden, war ich völlig abgeschnitten, da konnte ich nicht mal mehr telefonieren.“ Auch die Lösung Sky-DSL über Satellit war so langsam und unzuverlässig, dass Jansen die Daten lieber auf eine CD kopierte und einen Mitarbeiter mit dem Auto nach Schönefeld schickte – mindestens eineinhalb Stunden für einen Weg. „Wenn es keine Lösung dafür gegeben hätte, hätte ich den Standort aufgeben müssen“, sagt Jansen.

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