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Brandenburg: Gerichtsbeschluss: Der Wald vor Horno darf nicht abgebaggert werden

Punkt zwölf Uhr drückte der Chef des riesigen Schaufelradbaggers am Berg vor dem kleinen Lausitz-Dorf Horno gestern den entscheidenden Knopf. Die Motoren stoppten, der letzte Sand fiel aufs Förderband, die Bergleute setzten ihre Helme ab und wischten sich den Schweiß von der Stirn.

Punkt zwölf Uhr drückte der Chef des riesigen Schaufelradbaggers am Berg vor dem kleinen Lausitz-Dorf Horno gestern den entscheidenden Knopf. Die Motoren stoppten, der letzte Sand fiel aufs Förderband, die Bergleute setzten ihre Helme ab und wischten sich den Schweiß von der Stirn. Ob sie in nächster Zeit an ihren Arbeitsplatz zurückkehren können, ist völlig ungewiss. Denn ihr Bagger steht vor jenem privaten Waldstück, das laut Gerichtsbeschluss vorerst nicht angetastet werden darf. Damit bleibt der Weg zum rund 200 Meter entfernten Dorf versperrt, das wegen der unter ihm liegenden Braunkohle abgebaggert werden soll. Dagegen kämpft die Mehrzahl der 350 Einwohner schon seit DDR-Zeiten. Den erzwungenen Stopp des Baggers feierten die Bewohner des Ortes in der Nähe der polnischen Grenze als einen ersten Punktsieg im Existenzkampf.

Das Verwaltungsgericht Cottbus hatte Anfang Juli die Enteignung des Waldstückes am Hornoer Berg untersagt. Es gebe kein Planfeststellungsverfahren und keine Umweltverträglichkeitsprüfung, urteilten die Juristen. Sie beriefen sich auf europäische Richtlinien. Der Bergbaubetrieb Laubag und die Gewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie verwiesen dagegen auf eine ausreichende rechtliche Grundlage für den Tagebau vor Horno. Nun soll das Oberverwaltungsgericht in Frankfurt (Oder) über die Beschwerde der Lausitzer Braunkohle-AG (Laubag) gegen das Cottbuser Gerichtsurteil entscheiden. Doch damit ist nicht vor November zu rechnen. Mehrere Hundert Bergleute und Beschäftigte des nahen Kohlekraftwerkes Jänschwalde protestierten gestern für eine schnelle Revision des Urteils zu Gunsten des Waldeigentümers.

Die ersten 66 Bergleute des betroffenen Tagebaus sind gestern in Kurzarbeit geschickt worden. Gar von 4000 gefährdeten Arbeitsplätzen sprach die Gewerkschaft auf ihren in der ganzen Region verteilten Flugblättern. In dieser Zahl befinden sich die 1300 Arbeitsplätze im gerade mit Milliardenaufwand modernisierten VEAG-Kraftwerk Jänschwalde. Wenn die Kessel dort keine Kohle mehr aus der Lausitz erhalten, muss diese aus anderen Tagebauen teuer gekauft werden. Wahrscheinlicher ist jedoch angesichts des Überangebotes an Strom eine Drosselung der Kraftwerke.

In Horno wurden Schuldvorwürfe gestern strikt zurückgewiesen. Vielmehr erinnerten Einwohner auf die seit Jahren angebotene Alternative: Die Bagger sollten den Ort umfahren. Doch die Laubag hatte solche Vorschläge in der Vergangenheit stets abgelehnt. Ein Umfahrung Hornos verursache Mehrkosten von einer Milliarde Mark, hieß es. Außerdem sei ein Tagebaubetrieb am Rande es Dorfes wegen der Lärm- und Staubvorschriften kaum praktikabel. Nachts und an Wochenenden könne dann nicht gearbeitet werden.

Die Landesregierung sieht laut Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß (CDU) keine Alternative zur Abbaggerung von Horno. Anders seien 4000 Arbeitsplätze bei Laubag und VEAG nicht zu halten, meinte Fürniss. Nach Gewerkschaftsangaben muss bei einem dauerhaften Stopp des Baggers vor dem Hornoer Wald in einigen Monaten der gesamte Tagebau Jänschwalde eingestellt werden. Denn der sich seit einigen Monaten auf den Ort zubewegende Koloss entfernte bisher nur die Deckschicht über dem eigentlichen Kohleflöz. Die dabei freigelegte Kohle reiche bis Dezember. Für die nächsten Tage haben die Beschäftigten eine Reihe von Protestaktionen angekündigt. Am heutigen Freitag soll schon die erste Möglichkeit für bundesweite Aufmerksamkeit genutzt werden. Denn Bundeskanzler Schröder besucht frühere Tagebaue und das unweit vom Kraftwerk Jänschwalde gelegene Cottbus.

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