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US-Präsident Trump will die Zeitungen nicht mehr im Weißen Haus sehen.

© Nicholas Kamm/AFP

Donald Trump und die Medien: Ich lese nicht, also bin ich

US-Präsident Trump kündigt Abonnements von „New York Times“ und „Washington Post“. Dass er deren Berichterstattung lange ignorieren kann, ist unwahrscheinlich.

Der Leser ist beleidigt. Die Berichterstattung gefällt ihm nicht, darum hat er sich entschieden, seine Zeitung abzubestellen. Ein ganz normaler Vorgang – es sei denn, der Leser heißt Donald Trump. Wenn dieser, immerhin Präsident der Vereinigten Staaten, sein Abo kündigt, dann tut er dies gleich für die gesamte Regierung. Sämtliche Bundesbehörden wurden angewiesen, die Abonnements der „New York Times“ und die „Washington Post“ nicht mehr zu beziehen, sprich sie nicht zu erneuern, wenn sie auslaufen. Damit würden „erhebliche Einsparungen“ im Haushaltsposten für Abos erzielt, erklärte die Sprecherin des Weißen Hauses, Stephanie Grisham. „Hunderttausende Dollar an Steuergeldern werden eingespart“, sagte sie.

Kurz zuvor hatte Trump im Interview mit seinem Lieblingssender Fox News erklärt, dass er diese Publikationen nicht mehr im Weißen Haus haben wolle. Er wirft den beiden Zeitungen und anderen Medien, die kritisch über ihn berichten, vor, „Fake News“ zu verbreiten, und bezeichnet sie als „Feinde des Volkes“. Wie viele Abonnements betroffen sind und wie schnell die Kündigungen umgesetzt werden können, war zunächst unklar. Das „Wall Street Journal“ berichtete unter Berufung auf einen Regierungsvertreter, das Weiße Haus arbeite an einer entsprechenden Anweisung. Die Sprecher der Zeitungen wollten sich bislang nicht äußern.

Trump kritisiert auch CNN und behauptet, den Sender nicht zu schauen

Nun wird kaum einer glauben, dass der US-Präsident aufhört, diese Zeitungen zu lesen. So kritisiert er beispielsweise regelmäßig die Berichterstattung des Senders CNN, während er gleichzeitig behauptet, dessen Programm nicht zu sehen. Auch las er nach Angaben von Mitarbeitern die „Times“ und die „Post“ bisher immer sehr genau. Mit der „Times“-Korrespondentin Maggie Haberman verbindet ihn seit Jahren eine Hassliebe, die beiden kennen sich noch gut aus Trumps Zeiten in New York. Das Magazin „Vanity Fair“ bezeichnete Haberman 2017 gar als „Trump-Flüsterin“. So sehr er auch die „Times“ verachte, von Haberman könne er nicht lassen, schrieb das Magazin damals. „Er beantwortet ihre Anrufe und gibt ihr exklusive Informationen.“

Und dennoch: Bereits am Donnerstag wurden dem Weißen Haus nach Angaben des „Wall Street Journal“ keine Printausgaben der beiden Zeitungen mehr zugestellt. Die Onlinezugänge funktionierten aber weiter.

Kritik von den Korrespondenten-Vereinigung des Weißen Hauses

Die Vereinigung der Weißes-Haus-Korrespondenten (WHCA) kritisierte den Schritt. „So zu tun, als ob man die Arbeit der freien Presse ignorieren könne, wird nicht dafür sorgen, dass die Nachrichten verschwinden, oder Reporter davon abhalten, die Öffentlichkeit zu informieren und die Mächtigen zur Verantwortung zu ziehen“, erklärte WHCA-Präsident Jonathan Karl. Er habe keinen Zweifel daran, dass die Kollegen „weiterhin Qualitätsjournalismus machen werden, egal ob der Präsident zugibt, diesen zu lesen“.

In einer „Washington Post“-Kolumne mit dem Titel „Mr. President, warten Sie, bevor Sie kündigen!“ fragt die Autorin Alexandra Petri, ob es sinnvoll sei, Zeitungen abzubestellen, nur weil sie ihr Bestes gäben, um die Arbeit des Präsidenten zu beschreiben. „Das ist doch so, als ob Sie Ihren Spiegel abhängen würden, um ihr Gesicht zu ärgern.“

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