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Jubelt das EM-Team, jubeln die Fernsehzuschauer mit.

© Reuters/Peter Cziborra

Sensationelle Quoten für Fußball-EM: Der Triumph des linearen Fernsehens

Das Publikum schaltet bei der Europameisterschaft massiv ein. Überraschend, weil Fußball der Frauen im TV-Restjahr keine Bedeutung hat. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Joachim Huber

Das Fernsehpublikum macht gerade etwas, was es sonst nicht macht: Die Zuschauerinnen und Zuschauer schalten ein, wenn die Fußballerinnen den Rasen betreten. Bisherige Rekordquote bei der EM der Frauen war am Dienstag mit 8,02 Millionen der 2:0-Sieg der Deutschen gegen Spanien. Ein Wert, der „Tatort“-Dimension hat.

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Gut, es geht um die Europameisterschaft und die übertragenden Sender ARD und ZDF unternehmen alles, um den Wettbewerb zur besten Sendezeit zu pimpen. Das übrige Fernsehprogramm ist auch nicht gerade überwältigend, es wird an allen Ecken und Kanten wiederholt. Da muss die Partie der deutschen Elf gegen Finnland mit 5,76 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern zwangsläufig zum Quotensieger am Samstag werden.

In den Zahlen liegt ein Triumph – der Triumph des linearen Fernsehens. Film hin, „Tagesschau“ her, Serie bei Netflix, Drama bei Amazon, kaum erfassen die Kameras ein exklusives Live-Event, weiß das Publikum, was es auf seiner Fernbedienung einzustellen hat.

Männer mit Schiss

Oder ist es doch der Fußball der Frauen, der fasziniert? Naja, im Rest des Fernsehjahres wird dieser Sport so attraktiv gehalten wie eine Doku über dänische Madonnenmalerei. Es hat schon etwas Scheinheiliges, wie die Moderatoren und Verantwortlichen der öffentlich-rechtlichen Sender die Großartigkeit des Fußballs der Frauen beschwören. Ich behaupte mal, dass die Schiss haben, auch nur ein falsches Wort zu sagen.

Die Faszination für das sommerliche EM-Turnier erinnert an Wintersport-TV: Rodeln wird nur übertragen, weil danach Biathlon stattfindet und davor Skispringen. Nicht, dass das Fernsehen bloße Augenwischerei betreibt und das Publikum dies willig akzeptiert. Doch die Wahrheit ist schon diese: Fußball der Frauen ist ohne EM wie eine Silvesterrakete. Kaum gezündet, schon verloschen.

Zugleich sind da erstaunliche Unterschiede, ob Frauen oder Männer Fußball spielen und beides im Fernsehen übertragen wird. Ob Spielerin oder Expertin, die Frauen verzichten sehr viel mehr auf Floskeln und das Einerlei der Woran-hat’s-gelegen?-Fragen-und-Antwortspiele. Sie wirken konzentrierter – klüger.

Dabei gehen die Emotionen hoch. Es würde nicht überraschen, wenn sich das deutsche Team beim anstehenden Viertelfinale gegen die Österreicherinnen nicht bei jedem gewonnenen Eckball komplett abklatschen würde.

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