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In der Kleiderkammer zieht der DB-Mitarbeiter Robert Schöne (Zugbegleiter) die Schuhe an.

© Stefan Weger

Guido Maria Kretschmers Kollektion: Burgunder ist das neue Knallrot

18 Jahre trug das Deutsche Bahn-Personal die alte Montur. Jetzt ist Zeit für einen Neuanfang.

Es gibt burgunderfarbene Lederhandschuhe, Cardigans und nachtblaue Etui-Kleider. Die Anzugshosen sind auf „Knittererholung“ geprüft. Das heißt, dass sie nicht gleich nach dem ersten Tragen wieder gebügelt werden müssen, sagt Grit Gläsel. Sie kümmert sich um die neuen Outfits der Deutschen Bahn. Entworfen hat sie zuvor Guido Maria Kretschmer. Der Modedesigner ist besser bekannt aus der RTL-Show „Shopping Queen“, in der er die Outfits von Frauen, Paaren und Promis bewertet. Er hatte dem Konzern geraten, dass Farben flächig eingesetzt werden müssen. Das herkömmliche Knallrot der Deutschen Bahn eignete sich nicht dazu. „Burgunder oder Nachtblau steht viel mehr Menschen gut“, sagt Gläsel.

43000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Bahn sollen bis Anfang August 900000 neue Kleidungsartikel erhalten. Es gibt in Deutschland 15 Kleiderkammern, in denen die neuen Uniformen ausgesucht werden können. Eine davon ist am Berliner Ostbahnhof. Hinter einer schweren Stahltür hängen dort dutzende auf Stangen gereihte Hosen, Kleider, Hemden und Sakkos in vielen Größen von XXS bis fünf XL. Zwei Umkleidekabine stehen bereit.

In der Kleiderkammer sucht die DB-Mitarbeiterin Joanna Sobottka (Zugchefin) nach einem Kleid.
In der Kleiderkammer sucht die DB-Mitarbeiterin Joanna Sobottka (Zugchefin) nach einem Kleid.

© Stefan Weger

Zugchefin Joanna Sobottka und Ausbilder Mike Leistner beraten ihre Kolleginnen und Kollegen nach Größe, Schnitt und Farbe. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfen sich einen Grundstock aussuchen. Drei Unterteile und sechs Hemden, eine Weste, zwei Sakkos oder Strickteile werden ihnen anschließend nach Hause geschickt. Das Zugpersonal erhält zusätzlich noch eine Steppjacke oder einen Trenchcoat für die kalten Tage auf dem Bahnsteig. „Endlich ist die Kleidung fraulich geschnitten“, sagt Joanna Sobottka.

In der Kleiderkammer der Deutschen Bahn hilft der Zugchef Mike Leistner Robert Schöne in die neue Kollektion der DB.
In der Kleiderkammer der Deutschen Bahn hilft der Zugchef Mike Leistner Robert Schöne in die neue Kollektion der DB.

© Stefan Weger

Die Schnitte dürften nicht selbst verändert werden, erklärt Gläsel. „Ein Rock darf das Knie umspielen, aber nicht einen halben Meter vorher enden.“ Außerdem gebe es einige Trageregeln. „Im Fernverkehr beim Bordservice müssen immer beide Farben kombiniert werden. Also Burgunder und Blau.“ Bei Tests mit Reisenden hätte sich herausgestellt, dass die Zweifarbigkeit helfe, die Mitarbeiter zu erkennen, da Geschäftsreisende häufig selbst einfarbig gekleidet seien. Aus diesem Grund gebe es auch eine Acessoirpflicht. Das Personal muss immer Halstuch oder Krawatte tragen, so Gläsel.

Obwohl Mike Leistner die Anzughose immer noch den Chinos ohne Bundfalte vorzieht, ist er sehr zufrieden mit der neuen Kollektion. „Chinos sind dann vielleicht eher etwas für eine Kurzstrecke“, sagt er. Die alten Hosen hätten irgendwann wie ein Zelt an den Beinen gehangen.

Und was wird mit all den alten Hosen und der restlichen Montur passieren? Bislang sei es so gewesen, dass die Angestellten die Kleidung behalten durften, um sie zum Beispiel bei Gartenarbeiten anzuziehen, sagt Gläsel. Lediglich die DB-Annäher hätten abgenommen werden müssen. Doch für die große Entsorgungsaktion in diesem Jahr würde noch nach einem Konzept gesucht werden. „Upcycling wäre gut“, sagt Gläsel. Das wäre auch im Sinne der Unternehmenspolitik: Die Bahn wirbt für sich mit Ökostrom und Nachhaltigkeit. Auch die neue Kleidung soll laut Pressestelle fair und umweltfreundlich produziert worden sein. In Mazedonien und Bulgarien.

Joana Nietfeld

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