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Der damalige Freund der zur Tatzeit 25-jährigen Simone Strobel wurde in Perth festgenommen.

© NSW Police/dpa

Mordfall Simone Strobel: Cold Case in Australien nach 17 Jahren gelöst?

2005 wird in Australien eine damals 25-jährige deutsche Touristin getötet. Lange laufen die Ermittlungen ins Leere. Jetzt gibt es plötzlich eine Anklage.

Es hätte ihre große Reise werden sollen, doch der Trip in Australien endete für die damals 25-jährige deutsche Simone Strobel mit dem Tod. Anfang 2005 wurde sie ermordet. 17 Jahre lang ermittelten die australische und teilweise auch die deutsche Polizei.

Lange Zeit schien sich in dem Fall wenig zu bewegen, der ganz Australien, vor allem aber die Bürger der kleinen Stadt Lismore an der Ostküste schockiert hatte. Dort ereignete sich das Verbrechen. 2020 wurde eine Million Australische Dollar Belohnung – umgerechnet 685000 Euro – für Hinweise ausgeschrieben. Doch auch das brachte nichts.

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Nun überschlugen sich die Ereignisse: Am Dienstag wurde bekannt, dass Strobels damaliger deutscher Freund Tobias M. in Perth festgenommen worden war. Dort lebte er mit seiner Frau und seinen Kindern. Nach der Hochzeit hatte er den Namen der Australierin angenommen.

Am Mittwoch wurde Tobias M. dann zu den Behörden nach Sydney überstellt. Dort wurde der heute 42-Jährige am Donnerstag wegen Mordes sowie wegen Strafvereitelung angeklagt.

Rückblick: Simone Strobel aus dem Landkreis Würzburg will mit ihrem damals 24-jährigen Freund mit einem Working-Holiday-Visum per Wohnmobil ein Jahr lang durch Australien reisen. Anfang 2005 gesellen sich die Schwester des Freundes und deren Freund aus Deutschland dazu. Die vier sind auf einem Campingplatz in Lismore.

Simone Strobel verschwindet nach einem Streit

Dort kommt es nach einem feuchtfröhlichen Abend offenbar zum Streit. Kurz vor Mitternacht verlässt Strobel den Zeltplatz. Noch in der Nacht suchen die Freunde nach ihr. Vergeblich. Am nächsten Morgen melden sie Strobel als vermisst.

Sechs Tage lang durchkämmte die Polizei die Stadt, bis die Leiche der jungen Frau schließlich auf einem Sportplatz – nur etwa 90 Meter vom Campingplatz – entfernt entdeckt wurde: nackt und mit Palmwedeln bedeckt. Eine eindeutige Todesursache konnte nicht mehr festgestellt werden.

Simone Strobel wurde Anfang 2005 in Australien vermutlich erstickt.
Simone Strobel wurde Anfang 2005 in Australien vermutlich erstickt.

© New South Wales Police/AFP

2007 kam ein Gerichtsmediziner zu dem Schluss, dass Strobel höchstwahrscheinlich mit einem Kissen oder einer Plastiktüte erstickt worden sei. Vor allem der damalige Freund Strobels geriet ins Visier der australischen und deutschen Polizei. Tobias M. galt über Jahre als tatverdächtig. Er beteuerte stets seine Unschuld.

Eine gerichtliche Untersuchung des Falls im Jahr 2007, zu der nur der Bekannte, nicht aber Tobias M. oder seine Schwester anreisten, kam erneut zu keinem schlüssigen Ergebnis. „Die Untersuchung endete mit vielen Fragezeichen“, sagte Virginia Peters 2020 in einem Interview. Die australische Autorin, die nur 25 Minuten vom Tatort entfernt wohnt, hat ein Buch über die Tragödie geschrieben. Peters interviewte den Deutschen für ihr Buch. Dieser verklagte die Autorin 2014 dann wegen Verleumdung, ließ die Klage aber später wieder fallen.

Eltern von Simone Strobel zeigen sich überrascht

Peters, die der Tod der jungen Frau tief berührt hatte, war für ihre Buchrecherche nach Deutschland gereist, um die Geschwister und die Eltern des Mordopfers zu treffen. „Es ist eine absolute Hölle für sie gewesen“, sagte sie. Der zuständige Polizeichef Scott Tanner sagte, die Familie leide nach wie vor sehr. „Sie war auf dem Abenteuer ihres Lebens in einem fremden Land und sie konnten sich nie verabschieden.“

Nun würden die Angehörigen aber ein „Gefühl der Erleichterung“ empfinden. Simones Vater Gustl Strobel sagte der Zeitung „Main-Post“ nach den Neuigkeiten aus Australien in einer ersten Reaktion: „Wir sind völlig überrascht. Wir müssen uns erst einmal sammeln.“

Polizeichef Scott Tanner verkündete die Neuigkeiten im Mordfall Simone Strobel.
Polizeichef Scott Tanner verkündete die Neuigkeiten im Mordfall Simone Strobel.

© IMAGO/AAP

Einem Berichts des lokalen Senders ABC zufolge hat die australische Polizei Haftbefehle für zwei weitere Beteiligte in Deutschland ausgestellt. Diese seien „von Anfang an Personen von Interesse“ gewesen, wie Tanner sagte. Sie würden der Beihilfe zum Mord und der Justizbehinderung bezichtigt.

Die Staatsanwaltschaft in Würzburg bestätigte, dass es sich um die Schwester des Verdächtigen und ihren damaligen Freund handelt. In Deutschland liefen Ermittlungen wegen Mordes, sagte Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach der Deutschen Presse-Agentur. Das Verfahren gegen die Schwester ist noch offen, das des Freundes wurde eingestellt, könnte aber wieder aufgerollt werden.

DNA-Beweise brachten Polizei auf die Spur

Tanner zufolge hat nicht die Millionenbelohnung die Informationen geliefert, die jetzt zu einer Mordanklage geführt haben. Vielmehr seien es DNA-Beweise gewesen. Die Belohnung sei deswegen nach wie vor ausgeschrieben. Die Polizei glaube, dass es noch weitere „Personen gibt, die Kenntnis von diesem Mord haben“, erklärte Tanner.

Eine Gedenktafel für Simone Strobel steht in Lismore.
Eine Gedenktafel für Simone Strobel steht in Lismore.

© ason O'brien/AAP/dpa

Das Bild von Simone Strobel hat sich bis heute in das Gedächtnis der Bürger in Lismore eingebrannt. In einem aktuellen Interview mit dem australischen Sender ABC beschrieb Jenny Dowell, die zum Zeitpunkt des Mordes für die Gemeinde arbeitete, wie groß die Anteilnahme der Bürger war und ist: Die Menschen hätten damals Geld für die Angehörigen gesammelt und ein Zaun in der Nähe des Fundortes sei mit Blumen, Kerzen und Nachrichten der Anteilnahme gefüllt gewesen.

„Wir waren alle schockiert, dass dieser junge Mensch in unserer Gemeinde ein so entsetzliches Ende genommen hatte“, sagte sie. Die Menschen hätten eine Mischung aus Scham, Sorge und Trauer empfunden, doch die Familie von Strobel hätte den Menschen vor Ort nie die Schuld gegeben. Im Gegenteil: „Sie waren sehr gerührt, dass unsere Gemeinde sich so sehr um Simone sorgte.“

Die Familie habe ihr eine wunderschöne Postkarte mit einem Gedicht geschickt, das eines der Lieblingsgedichte ihrer Tochter gewesen sei, sowie ein kleines Herz. Als Andenken an Simone hat die Gemeinde dieses Gedicht auf eine Granitbank in einem Park schreiben lassen, der nur wenige Meter von der Stelle entfernt ist, an der ihr Leichnam gefunden wurde.

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