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Brandenburg: Guter Draht ins Fernsehstudio

Medienanstalt prüft Vorwürfe gegen den TV-Sender „Stadtkanal Brandenburg“, der der Familie der Oberbürgermeisterin Tiemann gehört

Von Michael Mara

und Thorsten Metzner

Der private Lokalfernsehsender in der Stadt Brandenburg, der der Familie der neuen Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU) gehört, ist ins Visier der Medienanstalt Berlin-Brandenburg geraten. Man prüfe mehrere Beschwerden, bestätigte die für die Vergabe der Sendelizenzen zuständige Aufsichtsbehörde. Der Vorwurf: Die Berichterstattung des Senders im Wahlkampf sei unausgewogen und einseitig zu Gunsten Tiemanns gewesen, während andere politische Kräfte kaum vorgekommen seien.

Tiemann hatte vorigen Sonntag die Stichwahl um den Oberbürgermeisterposten in Brandenburg (Havel) klar gegen ihren SPD-Kontrahenten Norbert Langerwisch gewonnen. Ein Novum in Deutschland ist es in jedem Fall, dass sich ein einflussreicher Stadtsender im Besitz der dortigen Oberbürgermeister-Familie befindet. Der „Stadtkanal Brandenburg“ (SKB) erreicht über das Kabelnetz immerhin 98 Prozent der Haushalte der 76 000-Einwohner-Stadt.

Der Ehemann der CDU-Politikerin, Klaus-Peter Tiemann, hält über seine Elektronik-Firma RFT 50 Prozent und als Privatmann weitere 25 Prozent der Anteile des Senders. Und Dietlind Tiemann, die in Brandenburg (Havel) auch CDU-Chefin ist, war bisher über ihre Firma Trendbau mit 25 Prozent am Lokalsender beteiligt.

Zwar will die Oberbürgermeisterin jetzt Geschäftsführung und Anteile an der Trendbau und damit auch am Sender „abgeben“. „Es bleibt trotzdem ein Haussender der Tiemann-Familie“, sagen Kritiker wie die PDS-Landtagsabgeordnete Petra Faderl. Nicht ohne Grund sei in der Stadt von den „Klein-Berlusconis“ die Rede. Eine kritische Berichterstattung über die Arbeit der neuen CDU-Oberbürgermeisterin sei von dem Sender nach den bisherigen Erfahrungen jedenfalls nicht zu erwarten, ist Faderl überzeugt.

Während des Wahlkampfes habe man im Stadtsender immer nur Tiemann gesehen, andere politische Akteure seien kaum zu Wort gekommen, so der Vorwurf Faderls, die selbst als OB-Kandidatin angetreten war. „Wir werden aufmerksam beobachten, wie die Berichterstattung sein wird“, kündigt auch der designierte neue SPD-Fraktionschef Klaus Schomann an, der die Konstellation für „problematisch“ hält.

Bedenken kommen aber nicht nur von politischen Gegnern Tiemanns: Armin Schubert von der über Brandenburgs Stadtgrenzen hinaus bekannten Kinder-Kunst-Galerie „Sonnensegel“, die sich in der Jugend- und Sozialarbeit engagiert, sagt: „Das macht mir Sorge.“ Seine „irritierende Erfahrung“: Seitdem er sich im vorletzten OB-Wahlkampf öffentlich für den damaligen SPD-Kandidaten ausgesprochen habe, sei im Sender nicht mehr über die Galerie berichtet worden. Andere kulturell oder sozial engagierte Brandenburger wollen sich „lieber nicht laut äußern“, weil sie „einen Boykott“ durch den Sender befürchten.

Die TV-Redaktion selbst wollte sich zu der Kritik nicht äußern – und verwies auf Geschäftsführer Klaus-Dieter Tiemann. Dieser betonte, dass der Sender „eine normale redaktionelle Berichterstattung“ mache. Von einer Ausgrenzung der SPD könne keine Rede sein. „Wenn sie nichts schickt, kann man sie auch nicht berücksichtigen.“ Der gescheiterte SPD-Bürgermeisterkandidat Norbert Langerwisch habe sogar Auftritte im Stadtkanal verweigert. Dies habe er, so Tiemann, auch der Medienanstalt Berlin-Brandenburg mitgeteilt.

Auch für die künftige Berichterstattung nach dem Einzug seiner Frau ins Rathaus sieht der Senderchef „keine Probleme“. Denn: „Hofberichterstattung wird es nicht geben.“ Im Übrigen spreche eine Einschaltquote von 65 Prozent für sich. Allerdings sei es schon ein Ziel seines Kanals, so Tiemann, Lokalpatriotismus zu fördern. Auch seine Frau hält die Furcht mancher vor einem „Oberbürgermeister-Kanal“ für „Unsinn“: Die Stadt könne doch glücklich sein, wenn Printmedien und elektronische Medien zu einem „guten Image“ von Brandenburg an der Havel beitrügen.

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