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Brandenburg: Häuptling Seltener Vogel

Der Adler erhält an diesem Nachmittag keine Flugerlaubnis. "Das Gelände ist zu unsicher", sagt Hobby-Falkner Oliver Peipe.

Der Adler erhält an diesem Nachmittag keine Flugerlaubnis. "Das Gelände ist zu unsicher", sagt Hobby-Falkner Oliver Peipe. Damit meint er aber nicht Unsicherheiten für sein Tier - sondern die anderen: "Einen kleinen Hund könnte er für einen Fuchs halten und ihn angreifen. Dann würde sicher Panik beim Herrchen ausbrechen - mit ungeahnten Folgen." Diesem Risiko will er von vornherein aus dem Wege gehen. So spaziert Peipe mit dem an einem kurzen Band festgebundenen Adler auf dem Arm über den Platz am Rande von Wünsdorf, südlich Berlins. Die Aufmerksamkeit der Besucher ist beiden gewiss. Einen Adler bekommen die Menschen schließlich nicht jeden Tag aus der Nähe zu sehen. Sogar über sein Gefieder lässt er sich streicheln. "Artur", wie ihn Oliver Peipe genannt hat, gehört zu den aus Mitteleuropa längst verschwundenen Steinadlern. Nur in den Alpen und in den Hochgebirgen Osteuropas gibt es noch einige Exemplare. Sie stehen ganz oben auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten.

Peipe hat seinen Artur im Alter von sechs Wochen übernommen, vor inzwischen fünf Jahren. Nur zwei Falkner sind in Brandenburg mit Steinadlern unterwegs. Die übrigen 50 Mitglieder des Landesverbandes gehen mit Habichten auf die Jagd. Adler Artur findet in seinem angestammten Revier viel Platz zum Fliegen und Landen. Die Gegend rund um Rathenow ist nur dünn besiedelt. Mindestens eine Stunde verbringt Oliver Peipe mit seinem Adler täglich im Gelände: "Er darf nicht zum Haustier werden, das nur auf das Futter wartet."

Schon eine genaue Beobachtung des ungewöhnlichen Paares vermittelt eine Vorstellung vom täglichen Übungsprogramm. Fast unbeweglich hält Oliver Peipe seinen Unterarm, um dem 3,9 Kilogramm schweren Vogel einen sicheren Platz auf dem Handschuh zu bieten. "Der Adler ist nicht dumm und fragt sich natürlich, warum er nach den Flügen ausgerechnet zu meinem Handschuh zurückkehren soll", erklärt der Experte. "Deshalb halte ich meinen Arm möglichst starr, so dass der Vogel den Vorteil zum wogenden Ast spürt." Außerdem wartet in irgendeiner Handschuhspitze eine kleine Extraportion Nahrung.

Aber Artur soll seinen angeborenen Jagdtrieb nicht verlernen. Auch wenn er teilen muss: Hat er etwa einen Feldhasen erfolgreich zur Strecke gebracht, wird die Beute geteilt. Der Adler erhält Kopf und Rippen, für den Falkner bleiben auf jeden Fall die Keulen.

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