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Brandenburg: Haltet die Halle

ClausDieter Steyer über viel heiße Luft – und warum man ihre Hülle auch ohne Zeppeline bewahren sollte ANGEMARKT „Nichts als heiße Luft“, sagt der Volksmund über aufgeblasene Projekte. In Brandenburg ist dies jetzt sogar wörtlich zu verstehen.

ClausDieter Steyer über viel heiße Luft – und warum man ihre Hülle auch ohne Zeppeline bewahren sollte

ANGEMARKT

„Nichts als heiße Luft“, sagt der Volksmund über aufgeblasene Projekte. In Brandenburg ist dies jetzt sogar wörtlich zu verstehen. Denn beim gescheiterten Zeppelin-Konstrukteur „Cargolifter“ haben sich in den vergangenen neun Monaten nicht nur alle Pläne in heiße Luft aufgelöst. In der riesigen Werfthalle selbst unterbrechen heute nur noch surrende Luftaggregate die Totenstille.

Doch ausgerechnet deren Kosten bringen jetzt das ganze Unternehmen „Luftschiffbau in Brandenburg“ wohl endgültig zum Platzen. Die heiße Luft für die Werft verschlingt pro Tag fast 10 000 Euro – zu viel für jeden möglichen Investor aus der ohnehin nicht sehr zahlreichen Interessentenschar für Cargolifter. Ohne Heizung aber wäre die Halle, in der der Reichstag zweimal Platz fände, in absehbarer Zeit verloren.

Nun geistert das Schreckbild eines Abrisses der gigantischen Konstruktion durch die Region – und löst Entsetzen aus. Verständlich: Zu viel Hoffnung wurde einst mit dem Bau auf dem früheren russischen Militärflugplatz südlich Berlins verbreitet. Hunderte Menschen spekulierten in der strukturschwachen Region auf Jobs, das ganze Land zielte auf einen Imagegewinn ab. Für die Aussicht auf eine angeblich einzigartige Technologie zum Lufttransport riesiger Lasten wurden fast 40 Millionen Euro Steuermittel für die Halle ohne Zögern bewilligt, weitere acht Millionen für das eigentliche Projekt. In der Euphorie des Aufbruchs, des Erfolgsdrangs der Stolpe-Regierung und der bis Ende der neunziger Jahre reichlich fließenden Fördermittel blieb kaum Zeit für Kritik – dabei gab es schon zu Bauzeiten genügend skeptische Stimmen, die vor den teuren Dimensionen der Werfthalle warnten. Und so reiht sich Cargolifter nun in die Reihe der Pleiten einstiger Prestigeprojekte wie Lausitzring, Waldstadt Wünsdorf, Chemiewerk Premnitz und Großflughafen ein.

Jetzt sind Phantasien für die Zukunft der riesigen Immobilie gefragt. Die bisherigen Ideen bewegen sich nur zwischen Konzertstätte, überdachtem Disney-Erlebnispark, Sporthalle oder mehrstöckigem Gewächshaus. Deren Einnahmen würden wohl nie die hohen Betriebskosten decken, falls der Staat nicht mit erheblichen Subventionen eintritt – und darauf wird es wohl hinauslaufen. Denn vielleicht war die Zeit einfach noch nicht reif für die Cargolifter-Technik. In einigen Jahren oder gar Jahrzehnten sieht die Lage möglicherweise ganz anders aus. Ein voreiliger Abriss der Produktionshalle würde die Idee der riesigen Luftschiffe aber für immer begraben. Jedenfalls für Brandenburg.

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