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Brandenburg: Hennigsdorfer Werk für Schienenfahrzeuge: Bombardier-Beschäftigte wollen im Gleis bleiben

Im Betriebsrat des von der Schließung bedrohten Werkes für Schienenfahrzeuge in Hennigsdorf stehen die Zeichen auf Sturm. "Wir 2500 Beschäftigten lassen uns nicht an der Nase herumführen", sagt der Vize-Vorsitzende Karl-Heinz Graffenberger.

Im Betriebsrat des von der Schließung bedrohten Werkes für Schienenfahrzeuge in Hennigsdorf stehen die Zeichen auf Sturm. "Wir 2500 Beschäftigten lassen uns nicht an der Nase herumführen", sagt der Vize-Vorsitzende Karl-Heinz Graffenberger. Er hat deshalb an die Geschäftsführung des kanadischen Bombardier-Konzerns einen Brief mit einem Ultimatum geschrieben. Bis zum morgigen Montag um 15 Uhr verlangt der Betriebsrat eine Auskunft über die Planungen für das Werk. Anderenfalls werde die Hennigsdorfer Belegschaft diese Antwort "öffentlichkeitswirksam einholen", heißt es.

Was damit gemeint sein könnte, ließ Graffenberger offen. "Wir sind eine kampferprobte und kampfbereite Belegschaft", meint er vielsagend. Zu Arbeitsniederlegungen oder Streiks wollte er sich nicht äußern. "Wir warten den Montag ab."

Seit Mitte vergangener Woche gehört die ungewisse Zukunft des Bombardier-Werkes in der rund 24 000 Einwohner zählenden Stadt am nordwestlichen Berliner Stadtrand zu den wichtigsten Gesprächsthemen. Von "Drama" bis "Katastrophe" reichen die Stichworte. Eine Zeitungsmeldung hatte nicht nur die unmittelbar betroffenen Beschäftigten aufgeschreckt. Falls das vormalige Adtranz-Unternehmen tatsächlich schließt, wären nach Schätzung von Landrat Karl-Heinz Schröter (SPD) weitere 5000 Jobs bei Zulieferern, Gewerbetreibenden und Einzelhändlern gefährdet. "Die Folgen wären nicht auszudenken", sagte er. Überall in der Region läuteten die Alarmglocken. Es gehe um mehr als nur um Hennigsdorf oder den Landkreis Oberhavel. Er sieht einen möglichen Ausweg, um das Werk zu retten: Der Bund als Eigentümer der Bahn AG müsse mehr Schienenfahrzeuge aus Hennigsdorf bestellen. Dem steht allerdings der Sparkurs der Deutschen Bahn entgegen.

Vor anderthalb Monaten hatte Bombardier das Adtranz-Werk übernommen. Seitdem läuft im Konzern ein "Analyseprozess", wie es etwas verschwommen aus der Zentrale heißt. Möglicherweise soll die Hennigsdorfer Produktionspalette teilweise oder sogar vollständig auf andere Firmen in Europa aufgeteilt werden. Damit würde Bombardier auf den harten Preiskampf in der Branche reagieren, die seit Jahren keine großen Zuwächse mehr verzeichnet. Eine Stellungnahme war aus der Konzernleitung nicht zu erhalten. Man sondiere noch bis Ende Juli oder Anfang August.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß (CDU) will diesen Entscheidungsprozess mit neuen Fördermitteln möglichst zugunsten von Hennigsdorf beeinflussen. "Wir können natürlich nicht das Werk komplett übernehmen, aber Zusatzangebote machen", sagte er. So würde Brandenburg den schon lange diskutierten Bahntestring vor den Werkstoren unterstützen. Voraussetzung sei allerdings, dass die Produktion im Werk nicht gestoppt werde.

Dieses Testgelände mit kilometerlangen Gleisen sollte schon vor einigen Jahren gebaut werden. Damit hätte sich Hennigsdorf zu einem deutschland- oder sogar europaweiten Kompetenzzentrum für Verkehrstechnik entwickeln können. Von den 125 Millionen Mark Gesamtkosten wollte das Land 92 Millionen Mark bezahlen. Im Unterschied zu Autos gibt es für Schienenfahrzeuge keine ausreichenden Testmöglichkeiten.

Der Betriebsrat zählt unterdessen die Stunden bis zum Montagnachmittag, an dem die "hoffentlich erlösende Nachricht" eintreffen wird, wie Betriebsrat Graffenberger formuliert. Zwei Tage später hat sich Ministerpräsident Manfred Stolpe zum Besuch in Hennigsdorf angekündigt.

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