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Brandenburg: Hochwasser: Glück gehabt

Aus der Hoffnung wird Gewissheit: Die deutsche Oder ist in diesem Jahr an einer Katastrophe wie vor vier Jahren vorbeigeschrammt. Zum Wochenbeginn begannen die Wasserstände, allmählich wieder zu sinken.

Aus der Hoffnung wird Gewissheit: Die deutsche Oder ist in diesem Jahr an einer Katastrophe wie vor vier Jahren vorbeigeschrammt. Zum Wochenbeginn begannen die Wasserstände, allmählich wieder zu sinken. Lediglich einige ufernahe Gärten und Wiesenland wurden überschwemmt, Wanderwege stehen etwa in Ratzdorf an der Mündung der Neiße in die Oder unter Wasser.

Von Frankfurt aus ist zu erkennen, dass gegenüber in Slubice - wo der Deich weit ins Land zurückweicht - Dutzende Hektar Grasland überflutet sind. Doch Wohngebäude wurden nicht in Mitleidenschaft gezogen, es gab keine Evakuierungen, und auch die Grenzbrücken blieben geöffnet. Deutlich schlechter war es den Oder-Anwohnern im Katastrophen-Juli von 1997 gegangen. In Frankfurt etwa, wo die rote Anzeige seit zwei Tagen bei gut 4,50 Meter stagniert, waren vor vier Jahren mit 6,57 Meter zwei Meter mehr registriert worden. Diesmal ragt die Kaimauer selbst an ihrer niedrigsten Stelle noch über einen Meter aus dem Wasser heraus.

Außerdem hatten die Oderanwohner in diesem Sommer Glück: Zum einen regnete es im Karpatenbogen nicht ganz so lange und intensiv wie vor vier Jahren. Zudem lag das Zentrum der Niederschläge in diesem Jahr 80 bis 100 Kilometer weiter östlich und traf damit die Weichsel und ihre Nebenflüsse. "Wäre dieser Regen 100 Kilometer weiter westlich niedergegangen, wäre ich nicht so gelassen geblieben", sagt der Präsident des brandenburgischen Landesumweltamtes, Matthias Freude. Zudem haben die Fachleute aus dem 97er Hochwasser, das in Tschechien und Polen über 100 Tote gefordert hatte, gelernt: Das grenzüberschreitende Informationssystem wurde spürbar verbessert. Und die Speicherbecken am Oberlauf waren diesmal nicht randvoll gefüllt und konnten deshalb einen Teil der Wassermassen aufnehmen. Außerdem wurden auf deutscher Seite seither fast 70 Kilometer Deich erneuert. Nur ein kleines Stückchen Land bei Ratzdorf, am Zusammenfluss von Oder und Neiße grenzt noch immer schutzlos an den Fluss.

Matthias Freude korrigierte gestern eine Meldung über eine angebliche Einigung mit dem verkaufsunwilligen Eigentümer des fraglichen Grundstücks. "Es gibt nach wie vor Streit um den Kaufpreis", sagte Freude. "Er verlangt 20 Mark für einen Quadratmeter, wir können aber nur höchstens eine Mark bieten." Das sei der einzige Fall, in dem es bei der Instandsetzung solche Probleme gebe.

Vor dem Ort fehlt auf rund 1000 Metern ein Schutzdamm. 1997 waren dadurch mehrere Grundstücke und Häuser überschwemmt worden. Deshalb sollte ein Deich eine Wiederholung dieser Schäden verhindern. Mit sieben betroffenen Grundstückseigentümern erzielte das Landesumweltamt eine Einigung über den Verkauf notwendiger Flächen. Nur ein Mann weigerte sich bislang. Bürgermeisterin Ute Petzel sprach von einer "unverantwortlichen Haltung". Mit seiner Sturheit bringe er das ganze Dorf in Gefahr.

Offensichtlich spekuliert der Mann auf ein Riesengeschäft. Für ein zweites Grundstück am Rande von Ratzdorf erhält er monatlich 1500 Mark Pacht - ausgerechnet vom Landesumweltamt. Es lässt dort die Materialien für die geplanten Deichbau lagern. Falls die Arbeiten dafür endlich beginnen, fällt diese Pachteinnahme weg. "Wir vermuten deshalb einen Zusammenhang mit der Weigerung, uns das Grundstück für den Schutzdamm zur Verfügung zu stellen", meinte Professor Freude.

Als Ausweg bliebe nur die Enteignung des Ratzdorfer. Voraussetzung dafür ist ein Planfeststellungsbeschluss, der in etwa drei Wochen vorliegt. So eine Enteignung kann sich erfahrungsgemäß allerdings drei bis vier Jahre hinziehen. Das Landesumweltamt hofft noch immer auf eine gütliche Einigung. Die Gespräche sollen nächste Woche beginnen, wenn der Grundstückseigentümer aus dem Urlaub zurückkehrt.

Ste

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