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Brandenburg: Hohe Haftstrafen für Anführer der XY-Bande

Chef der Neuruppiner Mafia muss wegen Drogenhandels, Glücksspiels und Bestechung zwölf Jahre ins Gefängnis

Neuruppin - Die Rädelsführer der berüchtigten XY-Bande sind gestern vom Landgericht Neuruppin zu überraschend hohen Haftstrafen verurteilt worden. Für zwölf Jahre muss der Hauptangeklagte und einstige CDU-Stadtverordnete Olaf K. wegen eines groß angelegten Handels mit Kokain, illegalem Glücksspiels und Bestechung von staatlichen Bediensteten hinter Gitter. Weitere fünf Männer erhielten Freiheitsstrafen zwischen neun und drei Jahren, ein Angeklagter wurde freigesprochen. Auch ihnen war ein bandenmäßiger Handel mit Kokain nachgewiesen worden. Bereits zuvor hatte das Gericht wegen des gleichen Delikts zwei Bandenmitglieder zu je vier Jahren Haft verurteilt. Damit ging der bislang größte Prozess gegen die Organisierte Kriminalität in Ostdeutschland nach fast 17 Monaten zu Ende.

Ursprünglich hatte die Anklage gegen die zwischen 1997 und ihrer Festnahme im August 2004 agierende Gruppierung auch auf „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ gelautet. Deshalb forderte die Staatsanwaltschaft gegen die Bandenchefs Strafen zwischen 11 und 14 Jahren. Da der Vorsitzende Richter Gert Wegner in seiner mündlichen Urteilsbegründung gestern davon jedoch nicht mehr sprach, überraschte das hohe Strafmaß. „Es gab durchaus mafiöse Strukturen. Aber uns fehlten die Beweismittel für den Tatbestand einer kriminellen Vereinigung“, sagte der Richter. Zeugen hätten vielfach Auskünfte verweigert – entweder aus Sympathie oder aus Angst vor den Angeklagten und deren Umfeld. Zwei Frauen, die ursprünglich gegen die Bandenchefs aussagen wollten, seien deshalb schon krank geworden.

Während die Angeklagten die Urteile ohne sichtbare Regung aufnahmen, gab es im Publikum viele Unmutsäußerungen, Kopfschütteln und sogar Schluchzen unter den auffallend vielen weiblichen Gästen. Noch immer erfreuen sich die Angeklagten, die sich mit Siegelringen, einheitlich „XY“ enthaltenden Nummernschild auf ihren Nobelautos und einem gemeinsamen Wohnhaus nach innen und außen als verschworene Gruppe zeigten, einer sonderbar wirkenden Unterstützung. In der 24 000 Einwohner zählenden Kleinstadt wussten die meisten Menschen lange vor der Verhaftung sehr gut über die Bande Bescheid. Bei Olaf K. und seinen Kumpanen habe es sich um „skrupellose Geschäftsleute“ gehandelt, die sich mit rechtswidrigem Verhalten bereicherten, sagte der Vorsitzende Richter. „Obwohl das bekannt war, wurde Olaf K. bei den Kommunalwahlen im Oktober 2003 als CDU-Mitglied ins Stadtparlament gewählt.“

Wie der Prozess zeigte, verdiente die Bande aus ausschließlich in Neuruppin und Umgebung aufgewachsenen Männern ihr Geld mit sehr schwachen Menschen. Ihnen verkauften sie Kokain, zogen ihnen in Bordellen Geld aus der Tasche und machten sie durch Schulden in Spielotheken von ihnen abhängig. Funktionieren konnte das jahrelange Treiben nur durch feste Verbindungen zu staatlichen Behörden. Ein Polizist verriet ihnen den Ermittlungsstand und mögliche Razzien, im Rathaus saßen bestechliche Beamte, die bei Genehmigungen mehr als ein Auge zudrückten und der Chef des Grundstücksamtes machte seinen eigenen Deal.

Nach außen hin gab sich die „XY-Bande“ spendabel. Sie kaufte ganze Straßenzüge auf und renovierte die Häuser, förderte einen örtlichen Fußballverein und unterstützte auch soziale Jugendprojekte. Den gleichen Jugendlichen verkauften sie aber vor den Schulen Kokain.

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