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Brandenburg: Hormonverseuchtes Futter ging auch nach Brandenburg

Von Sandra Dassler Potsdam. Das brandenburgische Agrarministerium hat gestern bei einem Mischfutterhersteller Futtermittel sichergestellt, die möglicherweise hormonbelastet sind.

Von Sandra Dassler

Potsdam. Das brandenburgische Agrarministerium hat gestern bei einem Mischfutterhersteller Futtermittel sichergestellt, die möglicherweise hormonbelastet sind. Die Firma war nachweislich im Juni dieses Jahres mit verseuchter Ware aus den Niederlanden beliefert worden und hatte daraus Futter für Kälber und Pferde hergestellt. „Glücklicherweise wurden die für die Kälberaufzucht produzierten Futtermittel noch nicht ausgeliefert“, sagte der zuständige Referatsleiter im Agrarministerium, Lutz Desselberger, am gestrigen Dienstag dem Tagesspiegel: „Wir haben rund 2000 Kilo beschlagnahmt. Ob sie mit dem Wachstumshormon MPA belastet sind, muss die Untersuchung der Proben ergeben. Ein Ergebnis wird frühestens am Mittwochabend vorliegen.“ Aus der verseuchten Lieferung wurden laut Desselbach außerdem 2000 Kilo Pferdefutter hergestellt, das bereits an fünf Reiterhöfe geliefert worden sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sie zumindest teilweise verfüttert wurden. Da es sich aber nicht um Schlachtpferde handele, sei die Gefahr für den Menschen relativ gering, sagte Desselbach. Trotzdem würden die betreffenden Reiterhöfe informiert und kontrolliert.

Für zwei andere brandenburgische Firmen, die laut der in den Niederlanden erstellten Kundenliste mit verseuchter Ware beliefert worden waren, konnten die Ermittler zunächst Entwarnung geben. Wie der Sprecher des Agrarministeriums Jens-Uwe Schade auf Anfrage mitteilte, sei in einem Betrieb laut der Auftragsbücher und der Aussage der Geschäftsführung niemals eine entsprechende Lieferung aus den Niederlanden angekommen. Die Frage sei, wohin die betreffenden 225 Tonnen tatsächlich geliefert wurden.

Die dritte Firma sei zwar von einem niederländischen Hersteller beliefert worden, dieser produziere allerdings in Mecklenburg-Vorpommern. Im Ministerium bestehen angesichts dieser Ungereimtheiten große Zeifel an der Richtigkeit der in den Niederlanden erstellten Lieferliste. Es sei daher auch nicht gänzlich ausgeschlossen, dass in den nächsten Tagen weitere Firmen in Brandenburg auf entsprechenden Listen auftauchen. Richtig problematisch wird es nach Expertenmeinung, wenn sich herausstellt, dass das Fleisch geschlachteter Tiere, die mit dem verseuchten Futter gemästet wurden, schon in die Supermärkte gelangt sei.

Referatsleiter Lutz Desselberger befürchtet außerdem, dass das MPA-Futter auch an Rinderbetriebe gelangt sein könnte. „Dann müsste man auch die entsprechende Milch aus dem Verkehr ziehen – so weit das noch möglich ist.“ Zu Aussagen einiger Gesundheitsexperten, wonach das Risiko für die Verbraucher durch die Ausweitung des Skandals um das belgische Unternehmen Bioland Liquid Sugars, relativ gering sei, sagte Desselberger: „Die haben Antibabypillen entsorgt, indem sie die Pharmaka in Futtermitteln verarbeiteten. Das ist unglaublich kriminell. Wenn es ungefährlich wäre, müssten wir uns nicht damit beschäftigen.“

Ministeriums-Sprecher Schade ist der gleichen Meinung: „Wenn ich eine Hormonbehandlung benötige, gehe ich zum Arzt und nicht in den Supermarkt.“ Die Leidtragenden seien neben den verunsicherten Verbrauchern wieder die einheimischen Betriebe, obwohl sie ja selbst Opfer wurden. Schade spitzt es zu: „Diese Firmen tragen das volle Risiko der globalisierten Landwirtschaft.“

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