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Hundeattacken: Gesetz mit Biss

Kinder werden angefallen, Polizisten schießen auf Mischling und Kampfhund. Nimmt das Risiko zu, in Berlin von Hunden angegriffen zu werden?

Zwei Mal haben Polizisten in Berlin seit Ende Juni auf Hunde geschossen. Im Schöneberger Wartburgpark verletzte ein Beamter vergangenen Dienstag einen Mischlingsrüden schwer, weil ihn dieser knurrend verfolgt habe. Vier Tage zuvor gab ein Polizist in Neukölln tödliche Schüsse auf einen Kampfhund ab, der ihn attackierte, als er dessen Halter kontrollierte. Blättert man noch etwas weiter zurück im Polizeiprotokoll, gab es auch einen Zwischenfall mit einem Kampfhund im April in Charlottenburg. Ein streunendes Tier biss drei Kinder auf der Straße. Nimmt das Risiko zu, in Berlin von Hunden angegriffen zu werden? „Keinesfalls“, sagt der oberste Amtsveterinär in der Gesundheitsverwaltung, Torsten Nöldner, und spricht von „bedauerlichen Einzelfällen“. Die Zahl der Beißattacken sei seit 2000 um 40 Prozent zurückgegangen.

Vor acht Jahren wurden 1450 Bissvorfälle amtlich registriert, 2007 waren es 859. Und das, obwohl die Zahl der gehaltenen Kampfhunde in den vergangenen zwei Jahren von rund 6000 auf 6800 gestiegen ist. Insgesamt sind heute mit 103 346 Tieren noch mehr Hunde in Berlin gemeldet als vor acht Jahren.

Torsten Nöldner führt den Rückgang auf die Wirkung des vor vier Jahren in Kraft getretenen „Berliner Hundegesetzes“ zurück, das Auflagen und Sanktionen ermöglicht und alle Besitzer verpflichtet, ihr Tier zu kennzeichnen und versichern. Außerdem gehen nach seiner Erfahrung heute viele Halter mit ihrem Hund verantwortungsbewusster um. Debatten über Gefahren und Belästigungen durch Hunde hätten viel verändert. Das bestätigten Amtstierärzte in den Bezirken.

Der Befund lässt sich auch am derzeitigen Boom in Berlins Hundeschulen ablesen. „Immer mehr Leute kommen schon mit ihren Welpen zu uns, damit diese eine Grundausbildung bekommen und angenehme Familienhunde werden“, sagt Heike Skarupa von der Zehlendorfer Hundeschule „Lucky Dog“. Ähnliche Erfahrungen macht Trainerin Katja Krauß in der Hundeschule Greh in Schöneberg. Inzwischen sei es üblich geworden, mit einem jungen Hund baldmöglichst Unterrichtsstunden zu nehmen. Das zeige sich auch in der wachsenden Konkurrenz. „Es gibt immer mehr Hundeschulen.“

Bei vier Kampfhunderassen reicht dem Gesetzgeber eine solche Ausbildung allerdings nicht aus. Pitbulls, American Staffordshire Terrier, Bull Terrier und Tosa-Inu dürfen generell nur angeleint und mit Maulkorb auf die Straße. Außerdem müssen ihre Halter Dressurkenntnisse nachweisen und ein Veterinärgutachten zur Friedfertigkeit ihres Tieres vorlegen. Diese Auflagen sowie weitergehende Sanktionen und Bußgelder können auch jeden anderen Hund und dessen Halter treffen, falls ein Tier auffällig wird. Im vergangenen Jahr wurden 72 Tiere ihren Besitzern weggenommen und 187 Bußgelder oder Haltungsverbote verhängt.

Nach den Schüssen in dieser Woche auf einen Mischling im Schöneberger Wartburgpark hat aber nun dessen Halterin den Polizisten angezeigt. Aus ihrer Sicht zog er „völlig unnötig“ die Pistole. Sie habe Stöckchen geworfen, als plötzlich Schüsse gefallen seien. Sie räumte ein, ihr Hund habe kein Halsband getragen. Der Polizist sprach von „Notwehr“. CS/Ha

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