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Brandenburg: Ich bau euch ein Schloss

Der Otto-Konzern will den Wiederaufbau in Potsdam finanzieren. Noch sind Fragen offen, aber Insider sagen: Nie standen die Chancen so gut

Von Michael Mara

und Thorsten Metzner

Potsdam. Für den Wiederaufbau des Potsdamer Stadtschlosses gibt es jetzt erstmals einen seriösen Investor. Nach Tagesspiegel-Informationen prüfen Stadt- und Landesregierung derzeit ein Angebot der zum Otto-Konzern gehörenden ECE-Gruppe. Sie will das im 2. Weltkrieg schwer beschädigte und von der SED endgültig abgerissene Wahrzeichen der Preußen-Residenz als Sitz des Landtages wieder aufbauen. Firmen-Gründer Werner Otto ist seit Jahren ein wichtiger Mäzen für Potsdam. So spendete er für die Rekonstruktion des Belvedere auf dem Pfingstberg und der Garnisonkirche größere Beträge. Der Hamburger Projektentwickler ECE, einer der größten Errichter und Betreiber von Einkaufszentren in Deutschland, plant bereits den Wiederaufbau des Braunschweiger Schlosses.

Nach Tagesspiegel-Recherchen finden schon seit geraumer Zeit im kleinsten Kreis und unter strengster Geheimhaltung Verhandlungen mit der ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG statt. Beteiligt waren neben Ministerpräsident Matthias Platzeck unter anderem Finanzministerin Dagmar Ziegler, Landtagspräsident Herbert Knoblich und der Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jakobs. Zwar äußert sich niemand offiziell, da mit ECE strengste Vertraulichkeit vereinbart wurde. Doch sehen eingeweihte Kreise „erstmals eine realistische Chance“ für den Wiederaufbau des Stadtschlosses, das einmal als eines der schönsten seiner Art in Deutschland galt.

Das vorliegende Konzept in seinen Grundzügen: ECE entwickelt und baut den Landtag mit der historischen Schlossfassade auf dem Alten Markt und vermietet das Gebäude für 30 Jahre an das Parlament. Die Gesamtinvestition beläuft sich nach derzeitigen Berechnungen auf 160 bis 180 Millionen Euro. Der Knackpunkt: Die öffentliche Hand soll davon bis 40 Millionen Euro für die Fassade übernehmen, die historisch originalgetreu errichtet werden soll. Hinzu kommen weitere, nicht in der Bausumme enthaltene 45 Millionen Euro für notwendige Infrastrukturmaßnahmen am und um den Alten Markt. So muss die Kreuzung Lange Brücke, Friedrich-Ebert- und Breite Straße verlegt und das als Schandfleck geltende Gebäude der Fachhochschule abgerissen werden.

Allerdings hoffen Land und Stadt auf weiteres Entgegenkommen des Investors. Intern wird kein Hehl daraus gemacht, dass es angesichts der dramatischen Haushaltslage des Landes politisch schwierig sein werde, das hohe finanzielle Engagement öffentlich zu vertreten. Doch wird betont, dass ohnehin eine Lösung für den Landtag gefunden werden müsse, der bisher in der maroden ehemaligen Reichskriegsschule auf dem Brauhausberg untergebracht ist. Bis zur geplanten Länderfusion 2009 werde ein Landtagsneubau gebraucht. Der Preußische Landtag in Berlin komme als gemeinsamer Parlamentssitz nicht in Frage, weil es dann in Brandenburg keine Mehrheit für die Länderehe geben würde: „Regierungs- und Parlamentssitz des gemeinsamen Landes kann nur Potsdam sein“, heißt es in der Runde.

Nach Tagesspiegel-Informationen gibt es noch eine Reihe weiterer „offener und brisanter Fragen“: So liegen unterschiedliche Angaben darüber vor, ob der Brandenburger Landtag, erst recht der gemeinsame von Berlin-Brandenburg, komplett im wiederaufgebauten Schloss Platz finden kann. Nach Meinung von Experten müsste der Plenarsaal im früheren Innenhof entstehen. Landtagspräsident Herbert Knoblich stellte bei der jüngsten geheimen „Schlossrunde“ jedenfalls klar, dass der Landtag komplett unterkommen müsse und es keine Außenlösungen geben dürfe. Vor diesem Hintergrund sagte ein Teilnehmer der Runde dem Tagesspiegel: „Die Chancen stehen 50 zu 50. Allerdings waren sie noch nie so gut wie jetzt.“ Stadtparlament und Oberbürgermeister befürworten seit langem den Aufbau des Schlosses als Landtagssitz. Und auch im Parlament zeichnete sich – allerdings vor der Haushaltskrise – eine Stimmung für den Schlossneubau ab.

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