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Brandenburg: In Potsdam jubelt die PDS, und die SPD stürzt ab

CDU konnte in der Landeshauptstadt kaum profitieren. In den Hochburgen der Sozialdemokraten blieben viele Wähler zu Hause

Von Michael Mara

und Thorsten Metzner

Potsdam. Es ist kurz nach 19 Uhr, als CDU-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm aufgeräumt im Potsdamer Rathaus eintrifft. Bisher hat sich kein anderer Spitzenpolitiker dort sehen lassen. Seine Parteifreunde, die in einem Beratungsraum bei Häppchen und Wein bereits ausgelassen feiern, empfangen ihn jubelnd. Der Potsdamer CDU-Chef Wieland Niekisch verkündet das Ergebnis von Sacrow, einem kleinen Ortsteil mit 120 Einwohnern, wo die CDU erstmals mit 30 Prozent vor SPD und PDS liegt. „So etwas gab es noch nie“, strahlt Niekisch. Dann greift Schönbohm zum Mikro: Er habe immer gesagt, dass sich am 26. Oktober „die Roten schwarz ärgern werden“.

Aber diese Feststellung ist nur teilweise richtig. Nach den Zwischenergebnissen, die auf Leinwänden und Monitoren im Plenarsaal der Stadtverordnetenversammlung eingespielt werden, muss die SPD in Potsdam zwar heftige Einbußen hinnehmen. Statt bei knapp 40 Prozent wie vor fünf Jahren liegt sie – nach Auszählung fast aller Wahlbezirke – bei 22,7 Prozent. Dafür ist die PDS auf 34,4 Prozent geklettert. Die Sozialisten können es kaum fassen, jubeln, umarmen sich. „Dass die SPD so schwach ist, hätte ich nicht erwartet“, sagt PDS-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg, der im vorigen Jahr bei der Oberbürgermeisterwahl noch knapp gegen Jann Jakobs von der SPD verlor. Nun ist klar, dass die PDS ein Jahr nach dem Wechsel von Matthias Platzeck aus dem Rathaus ins Ministerpräsidenten-Amt wieder stärkste Partei in der Landeshauptstadt wird.

Das kann Jörg Schönbohm, das kann die Union nicht freuen. Trotz des für sie günstigen Bundestrends halten sich die Zugewinne der CDU zumindest in Potsdam in Grenzen. Sie liegt um 23.30 Uhr bei knapp 19 Prozent, das wäre nur der dritte Platz. Schönbohm erklärt den Erfolg der PDS damit, dass viele SPD-Wähler zu Hause geblieben seien. „Die SPD hat ihre Wähler nicht mobilisieren können, davon profitiert die PDS.“ Sie habe disziplinierte Anhänger, die zur Wahl gingen.

Als Matthias Platzeck am Sonntagmittag in sein Babelsberger Wahllokal gegangen war, ließ er sich von seinen Sorgen noch nichts anmerken. Journalisten und Kamerataems erwarteten ihn bereits – fast so, als ob es schon um die Landtagswahl ginge. Doch die findet erst in elf Monaten statt. Allerdings weiß auch Platzeck, dass es um die Ausgangspositionen für 2004 geht.

Dass es selbst in Potsdam, der Stadt, die er bis vor einem Jahr als ungemein beliebter Oberbürgermeister führte, so dick kommen würde, hat er nicht erwartet. Den Einbruch im Lande dagegen schon. Bei seinen rund 60 Wahlkampfauftritten im Land sei es fast fast nie um kommunale Probleme gegangen, erzählte er den Reportern. 80 bis 90 Prozent der Fragen hätten sich auf die rot-grünen Reformen bezogen. Trotzdem hoffte er, dass die SPD stärkste politische Kraft im Lande bleibe.

Aber wie soll das gehen, wenn so viele bisherige SPD-Wähler zu Hause bleiben? Selbst in Platzecks Kiez – hier kennt ihn jeder – kamen die Menschen nur spärlich zur Wahl. Obwohl Babelsberg als SPD-Hochburg gilt. Oder gerade deshalb?

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