zum Hauptinhalt

Brandenburg: Jetzt wird konstruktiv geklüngelt

Die Wahl von SPD-Verkehrsminister Frank Szymanski zum Oberbürgermeister erfreut sogar die Gegner

Von Sandra Dassler

Cottbus - Es war eine lange Nacht für Frank Szymanski, doch zum Ausschlafen nach der Siegesfeier hatte der frisch gewählte Cottbuser Oberbürgermeister gestern keine Zeit. Er musste schon früh zurück nach Potsdam und Termine wahrnehmen. Denn noch ist er der SPD-Infrastrukturminister des Landes. Aber schon um 18 Uhr am gestrigen Abend wollte der 50-Jährige wieder in seiner Heimatstadt sein, um sich dort mit allen Cottbuser Partei- und Fraktionsvorsitzenden zu treffen.

Szymanski war im Wahlkampf nur von elf Stadtverordneten unterstützt worden. Die restlichen 39 hatten sich wie berichtet zu einem Aktionsbündnis zusammengeschlossen, das den bisherigen Beigeordneten Holger Kelch von der CDU unterstützte. An den Machtverhältnissen im Rathaus hat sich durch die Oberbürgermeisterwahl nichts geändert, die nächsten Kommunalwahlen finden erst 2008 statt. Für Szymanski ist es also außerordentlich wichtig, die Abgeordneten von CDU, Linkspartei/PDS, FDP, Frauenliste und unabhängiger Wählervereinigung von der Gegnerschaft im Wahlkampf zur konstruktiven Zusammenarbeit mit ihm zu führen.

Die Aussichten dafür sind gut. Nach Tagesspiegel-Recherchen wollten alle Parteien beziehungsweise Fraktionen die Einladung Szymanskis zum – wie es ein Vertrauter formulierte – „Friedenspfeiferauchen“ annehmen. „Die Wähler haben entschieden, wir akzeptieren das“, hieß es aus den Führungsgremien der Parteien: Inhaltlich hätten die Kandidaten ohnehin kaum auseinandergelegen, und das Aktionsbündnis sei angetreten, um Cottbus über Parteigrenzen hinweg voranzubringen. Selbst der Cottbuser PDS-Chef Jürgen Siewert hat seine Enttäuschung über den Wahlausgang überwunden. „Wir werden uns Szymanski nicht verweigern“, sagt er: „Im Gegenteil – wenn er seinen Worten aus dem Wahlkampf Taten folgen lässt, werden wir ihn unterstützen.“

Über die Schritte, die der neue Oberbürgermeister, der in etwa vier Wochen sein Amt antreten wird, unternehmen muss, herrscht ebenfalls weitgehend Einigkeit unter den Abgeordneten. Das Klima des Misstrauens und der Intrigen, das Cottbus unter der im Juli abgewählten Oberbürgermeisterin Karin Rätzel gelähmt hat, soll einer offeneren und vor allem optimistischen Grundstimmung in der Stadt weichen. Dass sich OB und Stadtverordnete zuerst darum kümmern müssen, den Haushalt 2006 vom Land bestätigt zu bekommen, steht ebenfalls außer Frage. Dabei ist allen klar, dass es vorerst nicht ohne weitere Schulden gehen wird – das Land wird also einige Zugeständnisse machen müssen. Sparpotenziale bieten sich zunächst nur bei den rund 1500 Beschäftigten der Stadtverwaltung an. Seit Monaten liegt eine Kienbaum-Studie auf Eis, die dem Vernehmen nach knapp ein Drittel dieser Mitarbeiter für überflüssig hält. Das und die bislang von fast allen Abgeordneten abgelehnte Privatisierung von Klinikum, Verkehrsbetrieben oder Wohnungsgenossenschaften bringt Cottbus aber auch nicht aus den roten Zahlen.

Dazu müssen vor allem Arbeits- und Ausbildungsplätze geschaffen werden – und da richten sich viele Hoffnungen auf Frank Szymanski. Der könne, so heißt es, Investoren überzeugen und Optimismus vermitteln. Jede gerettete oder neue Arbeitsstelle hilft der Stadt. Denn mit jedem Einwohner, der abwandert, verliert sie jährlich 630 Euro der sogenannten Schlüsselzuweisung des Landes. Da ist es durchaus ehrlich gemeint, wenn Szymanski seinen Gegenkandidaten Kelch auffordert, doch in Cottbus zu bleiben. Der hatte vor der Wahl zwar das Gegenteil für den Fall seiner Niederlage angekündigt, will sich jetzt aber alles noch einmal überlegen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false