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Brandenburg: Jetzt wird losgespart

Die Kabinettssitzung war hitzig und lang, aber am Ende wurde das Sparpaket genehmigt. Trotzdem stehen neue Schulden in Rekordhöhe an

Von Michael Mara

und Thorsten Metzner

Potsdam. Das Kabinett hat in der Nacht zum Mittwoch das bisher umfangreichste Sparpaket in der Geschichte des Landes beschlossen: Im Landeshaushalt 2003 sollen 284 Millionen Euro eingespart werden, die Kommunen sollen weitere 140 Millionen Euro beisteuern. Das Sparvolumen entspricht vier Prozent des Gesamthaushalts von 10,1 Milliarden Euro. Trotzdem soll die Neuverschuldung in diesem Jahr auf 1,2 Milliarden Euro klettern, ein Rekord seit Bildung der Großen Koalition 1999. Parallel dazu sollen schrittweise Behörden geschlossen oder zusammengelegt sowie 12400 Stellen abgebaut und zahlreiche gesetzliche Leistungen wie Kita-Standards reduziert werden. Vor der Einigung gab es „zwölfstündige harte Auseinandersetzungen“, sagte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). So hart, dass die Kabinettssitzung mehrfach unterbrochen werden musste und Platzeck sparunwillige Minister in Einzelgesprächen bearbeitete. Eine halbe Stunde vor Mitternacht spitzte sich die Situation wegen CDU-Forderungen zu. Platzeck gab Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) zu verstehen: Bis hierher und nicht weiter – und zog sich demonstrativ in sein Zimmer zurück. Schönbohm beriet sich daraufhin mit den anderen CDU-Ministern. Nach 45 Minuten klopfte als erster Wirtschaftsminister Junghanns bei Platzeck an. Die nächtliche Sitzung war laut Platzeck eine „bisher nicht da gewesene Belastungsprobe“ für die Koalition. Trotzdem stehe man „erst am Anfang des Weges“. Die hohe Neuverschuldung verteidigte Platzeck mit den Worten, es sei „so gut wie undenkbar, das Spartempo noch weiter zu erhöhen“. Dagegen mahnte Schönbohm, dass mit dem Haushalt 2004 die politische Grundrichtung verändert werden müsse: „Sonst nehmen wir nur noch Schulden auf, um Kredite zu bezahlen.“ Finanzministerin Ziegler hat mit den Kabinettsbeschlüssen ihre umstrittene Sparliste mit insgesamt rund 180 Einsparpositionen praktisch durchgesetzt. Es gab nur marginale Veränderungen. So soll das Blinden- und Gehörlosengeld nicht gestrichen, sondern nur um 20 Prozent gekürzt werden.

Im Einzelnen müssen die SPD-geführten Ministerien für Bau und Verkehr mit 65,6 Millionen Euro, Arbeit und Soziales mit 45,7 Millionen Euro sowie Agrar und Umwelt mit 33,3 Millionen Euro den Löwenanteil an der gesamten Sparsumme von 284 Millionen Euro erbringen. Die CDU-geführten Ministerien kommen mit Ausnahme des Wirtschaftsressorts von Ulrich Junghanns, der 28,4 Millionen Euro einsparen muss, relativ gut weg. Kulturministerin Johanna Wanka muss 18,6 Millionen beisteuern, Innenminister Schönbohm 10,1 Millionen und Justizministerin Barbara Richstein 8,3 Millionen. Wie die Ressorts diese Beträge einsparen, ist ihnen selbst überlassen.

Schon im Vorfeld war es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen SPD und CDU wegen der gegenseitigen Einsparbeträge gekommen. Innenminister Schönbohm hatte der SPD vorgeworfen, sich von „Spielwiesen“ nicht trennen zu wollen, die SPD nannte die CDU-Minister sparunwillig, weil sie sich trotz relativ geringer Beträge gegen die Streichliste am heftigsten sträubten. SPD-Politiker drohten mit einer rot-roten Koalition, wenn die CDU-Minister sich den vorgesehenen Sparzielen verweigerten. Platzeck sagte dazu, die Parteizugehörigkeit könne nicht Kriterium für Sparmaßnahmen sein. Schönbohm erklärte: „Die Zeit, wo wir mit Fingern aufeinander zeigten, ist zu Ende.“ Man werde nicht zulassen, dass nach den Entscheidungen „einer gegen den anderen ausgespielt“ werde. Er betonte jedoch, dass beim nächsten Mal nicht die Finanzministerin die Vorschläge machen sollte, sondern das Kabinett gemeinsam politische Vorgaben machen müsse.

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