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Brandenburg: Kein Brot ohne Eigenschaften

Unsere Probierrunde nahm industriell gefertigten Toast unter die Lupe – und fand heraus, dass im Supermarkt diskutable Qualität zu finden ist

In unseren Supermärkten existieren Speisen, deren Fassadenhaftigkeit so sehr betont ist, dass man dahinter nicht mehr allzu viel vermutet. Das Toastbrot gehört dazu; wiewohl vom Kastenweißbrot abgeleitet, deutet der Verzicht auf dessen gerundete Haube auf die industrielle Toast-Herstellung hin. Niemand soll es einen Laib nennen. Während andere auf Backstraßen produzierten Brote auf der Suggestion von Handwerk und Urwüchsigkeit beharren und so tun, als hätte sie der Meister persönlich in den Ofen geschoben, besteht dieses von Bäckerhänden unberührte Weizenbrot genauso wie das verwandte Knäckebrot auf seiner Herkunft aus der Maschine – und es soll ja auch wieder in die Maschine: in das Toastgerät.

Obwohl manches dafür spricht, handelt es sich dennoch nicht um ein Brot ohne Eigenschaften. Das war der monatlichen Testrunde schon seit längerem aufgefallen. Deshalb versammelte sie sich im Hotel Brandenburger Hof, wo seit kurzem der Finne Sauli Kemppainen die Küche des Restaurants „Quadriga“ leitet. Der bei Edeka günstig gekaufte „Kornmark Butter-Toast“ roch käsig, und leicht gebräunt begegnen einem schon brandige Aromen. Aldis „Goldähre Buttertoast“ erinnert an Schaumstoff. Im Toaster wird es rasch crispy – doch Rohmehl-Anklänge behindern eine geschmackliche Entfaltung.

Demgegenüber erweist sich der „Grafschafter Butter-Toast“ von Lidl als allzu weich. Zwischen den Hitzestrahlern des Toasters ergibt sich schnell eine rösche Kruste, die von einem teigigen Kern konterkariert wird. Der „Brotland Buttertoast“ aus dem Kaufhof am Alexanderplatz riecht appetitlicher, aber er ist durch seinen eher sandigen Zusammenhalt empfindlich, wenn kühle Butter aufgestrichen wird. Die ebenfalls wie Schnäppchen angebotenen Erzeugnisse von „Rewe“ und „Aro“ verhalten sich da nicht anders. „Sammy’s Super Sandwich“, das sich gut toasten lässt, scheint im Mund immer mehr zu werden, eignet sich womöglich als Abschminktuch, wenn mal Not an der Frau sein sollte.

Die Marktführer definieren heute den Toast. Sowohl der Buttertoast von „Golden Toast“ als auch das vergleichbare Produkt von „Harry“ fallen durch irritierende Elastizität, ungleichmäßige Lochung und aromatische Zurückhaltung auf. Das muss nicht unbedingt ein Nachteil sein, denn aufdringlich sollte dieses Brot niemals schmecken. Das Schwammige von Golden Toast verwandelte sich während des Röstens wegen seiner deutlichen Süße und eines gefälligen Buttertons in einen Leibniz-Keks auf Abwegen, während der weniger süße Harry-Toast wie ein gleichmäßig gebräuntes Brettchen aus dem Gerät hüpft. Leider bestätigt der Geschmack den Armer-Ritter-Anblick kaum, denn merkliche Röstnoten dringen im Mund nicht nach vorne. Auch bei den Vollkorn-Varianten dieser Hersteller hatte Golden Toast die Nase vorn.

Wenig mit dem, was man sich unter dem Begriff vorstellt, haben die als Toast apostrophierten pflastergroßen Batzen von den Biobäckern „Back Haus“ und „Märkisches Landbrot“ zu tun. Ersterer ist ein Zwitter aus Kommissbrot und Ökospekulatius, während der andere, dessen Dinkelanteil den typischen Silage-Geruch andeutet, die Feuchtigkeit oben aus dem Toaster wegzieht, so dass die Rinde allzu rasch einschwärzt. „Daraus kannst du eine Menge machen“, sagte Juror Peter Frühsammer mit Blick auf beide süffisant, „zum Beispiel Cracker, Chips oder Croutons – aber eben keinen Toast.“

Die Spitzengruppe – wenn davon bei so einem auf Gleichförmigkeit angelegten Produkt überhaupt die Rede sein kann – wartete mit Überraschungen auf. Auf Anhieb gefiel „Das Weißbrot“ von Norma wegen seiner schönen Textur und der deutlich in die Nase steigenden Sauerteignote. Es entspricht zwar nicht genau der Definition, aber im Toastgerät bildet sich eine feinporige, zusammenhängende Fläche, die der Runde die Vergabe der Bronzemedaille wert war. Auch wenn der im Reformhaus erhältliche „Vitalia Herzberger Bio-Buttertoast“ einen hohen Salzgehalt aufweist, wird es im Toaster „super-crispy“, wie Sauli Kemppainen sich ausdrückte, und nimmt mit einem leicht süß-säuerlichen Backstuben-Aroma ein, in das sich zum Ende hin noch ein verschwindend bitterer Anflug von Hopfen mischt. Ob leicht oder stark geröstet – Krume und Rinde bilden eine durchweg homogene Einheit.

Der Testsieger – und das dürfte die eigentliche Überraschung sein – stammt aus dem Discounter Plus. „Breadies Butter-Toast“ knistert beim Knuspern, besitzt einen runden, lang anhaltenden Getreidegeschmack und gibt sich im Übrigen völlig unkompliziert. Manche Erzeugnisse erzählen einem oft bei der ersten Begegnung die aufschlussreichsten Dinge über sich selbst, so dass die weitere Bekanntschaft zur Variation über das gleich zu Beginn angeschlagene Thema wird. Unzweifelhaft liegen genau hierin Vorzüge und Grenzen des Toastbrots. Thomas Platt

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