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Brandenburg: Keine Nebelbomben am Nebelsee

Verwaltungsgericht entscheidet für Betreiber des Seehotels Ichlim und gegen Tiefflüge über dem Wittstocker Truppenübungsplatz Bombodrom

Von Sandra Dassler

Wittstock. Dirk Mähnert jubelt: „Zu DDR-Zeiten hätten wir nichts gegen eine militärische Nutzung der Heide tun können. Gut, dass wir jetzt einen Rechtsstaat haben.“ Mähnert ist Mit-Eigentümer und Geschäftsführer des Seehotels Ichlim. Am gestrigen Mittwoch haben er und sein Partner eine Schlacht gegen die Bundeswehr gewonnen: Das Verwaltungsgericht Potsdam hat wegen der zu erwartenden Lärmbelastung eine einstweilige Verfügung gegen das so genannte Bombodrom in der Kyritz-Ruppiner Heide erlassen.

Mähnerts Hotel steht am idyllischen Nebelsee etwa zwei Kilometer vom geplanten Bombenabwurfplatz entfernt. Wenn die Bundeswehr ihre Pläne wahr machen kann, würden die Tornados mit 800 Stundenkilometern in nur 150 Metern Höhe über die Gäste des Seehotels donnern. „Sie können nicht viel höher fliegen, wenn sie ihre Nebelbomben im dafür vorgesehenen Gelände abwerfen wollen“, sagt Mähnerts Anwalt Reiner Geulen, der viele Bombodrom-Gegner seit Jahren vertritt.

„Die gestrige Gerichtsentscheidung war tatsächlich so etwas wie ein Etappensieg“, meint er: „Zwar haben auch schon einige Kommunen einstweilige Verfügungen gegen das Bombodrom erreicht, aber das geschah aufgrund von Planungsfehlern. Jetzt hat das Gericht erstmals festgestellt, dass die zu erwartende Lärmbelästigung viel zu hoch und gesundheitsgefährdend ist.“ Die Bundeswehr solle angesichts dieser Einschätzung ihre Pläne endlich aufgeben, fordert Geulen. Dass dies reines Wunschdenken ist, weiß der Berliner Anwalt, der schon viele Prozesse gegen die Bundeswehr geführt hat, nur zu gut: „Für das Verteidigungsministerium ist das fast 12 000 Hektar große Areal in der Kyritz-Ruppiner Heide ein Filetstück. Nirgendwo in Deutschland können Manöver wie hier durchgeführt werden, weil die anderen Gebiete viel kleiner sind.“

Eine Sprecherin der Bundeswehr bestätigte gestern entsprechende Befürchtungen der Bombodrom-Gegner: „Das Urteil ist doch nichts Besonderes“, sagte sie dem Tagesspiegel. „Wir haben schon gegen die vorangegangenen Entscheidungen Beschwerde eingelegt und prüfen dies auch für die aktuelle Entscheidung.“

Die Beschwerden der Bundeswehr gegen die einstweiligen Verfügungen aus Potsdam liegen derzeit beim Oberverwaltungsgericht in Frankfurt (Oder). Das kann nach Ansicht von Anwalt Reiner Geulen allerdings nicht vor März entscheiden, da die Richter ein neuerliches Lärmgutachten abwarten müssen.

Die Menschen in der Region, die sich seit mehr als elf Jahren gegen das Bombodrom wehren, schöpfen trotzdem neue Hoffnung. Die meisten hatten von 1950 bis 1990 unter dem Lärm des vom sowjetischen Militär benutzten Bombenabwurfplatz gelitten. Zwar gibt es auch Befürworter einer Weiternutzung durch die Bundeswehr – ihre Zahl nahm in den vergangenen Jahren aber immer weiter ab. Erst in der vergangenen Woche hatte beispielsweise Wittstocks Bürgermeister Lutz Scheidemann (FDP) gesagt, dass er nicht mehr an den von der Bundeswehr in Aussicht gestellten Bau einer neuen Garnison mit 150 zivilen Arbeitsplätzen glaubt (der Tagesspiegel berichtete). Seehotel-Chef Mähnert hat gestern schon mal den Sekt bereitgestellt. „Trinken werde ich ihn aber erst, wenn wir endgültig gesiegt haben“, sagt er. Mähnert sieht sich seit drei Jahren auch von höchster Stelle bestärkt: Damals hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder bei einem Besuch das Seehotel im Gästebuch als „touristisches Kleinod“ bezeichnet.

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