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Brandenburg: Keine strahlende Nachbarschaft

Thorsten Metzner

Nun also doch: In Polen könnte gleich hinter der deutschen Grenze nahe der Stadt Schwedt, keine zwei Autostunden von Berlin entfernt, ein Atomkraftwerk gebaut werden. So hat es Brandenburgs Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) jetzt im Landtag eingestanden – das Dementi vom Dementi, nachdem vor nicht einmal zwei Wochen unter Berufung auf die Zentralregierung Polens noch das Gegenteil verkündet wurde. Kein Wunder, dass die Sorgen der Anrainer wachsen, die Oder-Region in Aufruhr ist. Da hilft es wenig, dass auf polnischer Seite noch kein Beschluss gefallen ist, dass alles frühestens 2015 spruchreif werden könnte, oder auch nicht.

Der Vorgang ist trotzdem heikel: Zunächst einmal wirft es ein bezeichnendes Licht auf den Zustand der gern gefeierten brandenburgisch-polnischen Beziehungen, wie die Landesregierung von den Atomkraft-Sondierungen überrascht wurde. Es zeigt sich, dass da viel Selbsttäuschung im Spiel ist. Auch an anderer Stelle sind die Erfahrungen in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit eher ernüchternd. Jenseits von punktuellen Regierungskontakten und den Billig-Einkäufen von Grenzbewohnern im Nachbarland gibt es eher ein brandenburgisch-polnisches Nicht-Verhältnis, was vielfältige Ursachen hat, auf beiden Seiten. In Brandenburg gehören Gleichgültigkeit, Desinteresse, Vorbehalte gegenüber Polen und die Unterschätzung der dort dynamisch wachsenden Wirtschaft dazu.

Für die Regierung von Ministerpräsident Matthias Platzeck wird es nicht einfach sein, gegenüber dem Nachbarn den richtigen Ton zu den Atomplänen zu treffen. Einerseits ist konsequente Vertretung brandenburgischer Interessen gefragt: Das heißt, kein Atomkraftwerk in Grenznähe. Andererseits ist Polen ein souveräner Staat. Es ist sein legitimes Recht, Vorsorge für seine künftige Energieversorgung zu treffen. Denen, die besorgt sind, was auf polnischer Seite in Sachen Atomkraft geschieht, kann man zumindest eins sagen: Es ist ein Glücksfall, dass Polen inzwischen Mitglied der Europäischen Union ist. Das sichert hohe Standards und verpflichtet zu Umweltprüfungen. Nur dadurch gibt es eine Chance, ein Atomkraftwerk nahe der Brandenburger Grenze zu verhindern, wenn es denn wirklich gebaut werden soll.

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