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Brandenburg: "Keine Urkundenfälschung in der Staatsanwaltschaft"

Justizminister verteidigt Behörde gegen Vorwürfe von CDU-Politiker Klein, Akten im ehemaligen Stolpe-Prozeß manipuliert zu haben VON MICHAEL MARA Potsdam.Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat den Vorwurf zurückgewiesen, sie sei eine "Fälscherwerkstatt".

Justizminister verteidigt Behörde gegen Vorwürfe von CDU-Politiker Klein, Akten im ehemaligen Stolpe-Prozeß manipuliert zu haben VON MICHAEL MARA

Potsdam.Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat den Vorwurf zurückgewiesen, sie sei eine "Fälscherwerkstatt".Er sei "leichtfertig und wider besseren Wissens" von dem CDU-Abgeordneten Thomas Klein und seinem anwaltlichen Berater erhoben worden, sagte ihr Leiter Rüdiger Michalik.Justizminister Hans Otto Bräutigam stellte sich hinter die Staatsanwaltschaft: Der Vorwurf der Urkundenfälschung sei "absolut abwegig", das Vorgehen der Staatsanwaltschaft "korrekt und nicht zu beanstanden".Klein hatte am Wochenende Strafanzeige wegen des Verdachts der Urkundenfälschung, des Verwahrungsbruches und der Strafvereitelung im Amt gegen unbekannte Justizangehörige gestellt.Als Begründung hatte er angebliche Manipulationen an den Ermittlungsakten im inzwischen eingestellten Verfahren gegen die Ex-Stasi-Offiziere Roßberg und Wiegand sowie gegen Stolpe angegeben. Zur Pressekonferenz erschien die in den letzten Tagen unter Druck geratene Staatsanwaltschaft mit einem auffallend großen Tross: Neben drei leitenden Staatsanwälten und dem Justizminister waren Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg sowie die 1995 vorübergehend mit den Ermittlungen befaßten Kölner Oberstaatsanwälte Egbert Bülles und Uwe Görig mit von der Partie.Letzteren kommt in dem verwirrenden Hin und Her von Vorwürfen und Gegenvorwürfen eine Schlüsselrolle zu: Denn Kleins Anschuldigung, daß Akten bewußt manipuliert worden seien, bezieht sich auf einen von Bülles am 26.Juni 1995 zum Ende seiner zweimonatigen Dienstzeit in Potsdam angefertigten 154 Seiten starken Vermerk zum Stand der Ermittlungen.Klein behauptete, daß er in "kastrierter Form" zu den Hauptakten gelegt worden sei, um die Ermittlungen einstellen zu können.Sie drehten sich um die Frage, ob der damalige Kirchenjurist Stolpe die DDR-Verdienstmedaille 1978 aus den Händen der Stasi, wie Roßberg schwor, oder vom verstorbenen Kirchenstaatssekretär Hans Seigewasser empfangen hat, wie Wiegand beeidete und der Ministerpräsident vor dem Untersuchungsausschuß des Landtages beteuerte. Unter dem Druck der Vorwürfe bestätigte die Staatsanwaltschaft am Sonntag erstmals, daß zwei Vermerke existieren: Ein überarbeiteter Bülles-Vermerk in der offiziellen Akte (auch Sach- oder Hauptakte genannt), in die alle Verfahrensbeteiligten Einsicht nehmen dürfen.Und der Original-Vermerk in der internen Handakte, die den Verfahrensbeteiligten nicht zugänglich ist.Der Leiter der Staatsanwaltschaft, Michalik, begründete diese Verfahrensweise gestern damit, daß Bülles für seinen Nachfolger "einen Handaktenvermerk gefertigt" habe.Bülles widersprach dem zwar: "Mein Vermerk sollte zur Hauptakte gelangen." Er sei 20 Jahre Staatsanwalt und habe immer so gehandelt.Doch räumte er andererseits ein, daß die Entscheidung darüber dem leitenden Staatsanwalt obliege und im übrigen der für die offizielle Akte überarbeitete Vermerk "mit meinem identisch ist": Im Prinzip sei er unverändert. Bülles Nachfolger Uwe Görig bestätigte, den Original-Vermerk im Sommer 1995 in der internen Handakte abgelegt zu haben, weil er Bewertungen zum Beispiel über die "einseitige" Arbeit des parlamentarischen Untersuchungsausschusses enthalte und auch an der Bearbeitung des Falles durch die Staatsanwaltschaft Kritik übe.Ein Staatsanwalt sollte aber normalerweise keine Bewertungen in den Sachakten vornehmen, erst recht nicht, wenn mehrere mit dem Fall befaßt seien.Dies könne zu einem "mentalen Zickzackkurs" führen.Parallel dazu habe er jedoch eine um Wertungen befreite Version für die Hauptakte erarbeitet, um dem Landeskriminalamt für weitere Ermittlungen Hilfestellung zu geben.Michalik vertrat die Ansicht, daß man nicht von einem veränderten geschweige denn gar manipulierten Vermerk sprechen könne.Görig habe vielmehr "ein originär neues Sachaktenstück erstellt". Wie es weitergeht, ist offen: Zum einen muß der Generalstaatsanwalt auf die Strafanzeige von Klein wegen Urkundenfälschung reagieren.Zum anderen stehen die Entscheidungen über die Beschwerden Kleins und anderer wegen Einstellung des Verfahrens aus.Rautenberg wollte sich gestern nicht festlegen, ob die Ermittlungen wieder aufgenommen werden."Wir schöpfen alle Möglichkeiten zur Klärung aus."

MICHAEL MARA

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