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Brandenburg: Kinder verwahrlost trotz Betreuung durchs Jugendamt Polizei entdeckte zwei Jungen in eiskaltem Raum

Eltern hatten Sozialarbeiter nicht ins Haus gelassen

Von Sandra Dassler

Blankenfelde - Die beiden Kinder, die Polizeibeamte in der Nacht zu Dienstag in einem nicht beheizten Anbau in Blankenfelde entdeckten, wurden seit ihrer Geburt vom Jugendamt betreut. „Es war offenkundig, dass die Eltern einige Probleme mit der Versorgung ihrer Kinder hatten“, sagte die Leiterin des für den Landkreis Teltow-Fläming zuständigen Jugendamts, Andrea Staeck. Deshalb sei die Familie nach der Geburt der heute vier und sechs Jahre alten Kinder eine Zeit lang von Sozialpädagogen besucht und unterstützt worden.

Später habe das Jugendamt dafür gesorgt, dass die beiden Jungen ganztägig in einer Kita untergebracht wurden. Mit den Erzieherinnen habe das Amt ständig in Kontakt gestanden, es seien aber zumindest im letzten Jahr „keinerlei Vernachlässigungstendenzen“ mehr festgestellt worden. Zuvor hätten die Erzieherinnen die Kinder manchmal morgens waschen müssen, weil sie sehr schmutzig waren. Das sei jedoch nicht mehr vorgekommen, nachdem Gespräche mit den Eltern geführt wurden. Hausbesuche seien von diesen allerdings abgelehnt worden.

Wie berichtet hatte die Polizei die zwei Jungen am Montagabend gegen 22.40 Uhr zufällig in dem ungeheizten und verdreckten Hausanbau gefunden. Da ihre Körpertemperatur nur noch 35 Grad Celsius betrug, waren sie sofort ins Krankenhaus und später in eine Pflegefamilie gebracht worden. Ihre Eltern wurden vorläufig festgenommen, nach einer polizeilichen Vernehmung aber wieder freigelassen. Die Eltern haben sich nach Aussage der Polizei nicht dazu geäußert, ob sie die Kinder in dem Anbau mit einer Temperatur von nur zwei Grad Celsius übernachten lassen wollten – während ihre vier Hunde im Haus waren.

In Blankenfelde löste der Fall gestern auch Diskussionen über die angebliche Untätigkeit der Behörden aus, wie ein Anwohner, der seinen Namen nicht nennen wollte, formulierte: „Nachbarn haben schon vor Jahren das Ordnungsamt informiert, weil sie sahen, wie verwahrlost die Kinder waren. Aber die Frau vom Ordnungsamt hat sich wegen der Kampfhunde nicht auf das Grundstück getraut.“ Der Blankenfelder Bürgermeister Ortwin Baier schließt definitiv aus, „dass es in den vergangenen eineinhalb Jahren eine diesbezügliche Anzeige gab“. Für die Zeit davor müsse er zunächst die damalige Ordnungsamtsleiterin befragen.

Deren Nachfolger hatte gestern erst einmal Dringenderes zu tun. Nachdem er von den unterkühlten Kindern hörte, erinnerte er sich an Hinweise auf die Großmutter der Kinder. Die alte Frau war mehrmals in offensichtlich verwirrtem Zustand auf Bahngleisen angetroffen worden, wo sie Zigarettenkippen sammelte. Die Behörden hatten sich damit zufrieden gegeben, dass die Frau von ihrem Sohn und dessen Lebensgefährtin betreut werde – den Eltern, die jetzt ihre Kinder im unbeheizten Anbau unterbrachten.

Ein Besuch bei der alten Dame bestätigte die Befürchtungen. Sie wohnte in einem Häuschen in der Nähe ihres Sohnes. Auf dem Grundstück tummelten sich gestern die vier Hunde – ihre Besitzer, den Sohn und dessen Lebensgefährtin, trafen die Beamten nicht an. Nachdem hinzugerufene Polizisten die Hunde in Schach hielten, konnte der Ordnungsamtsleiter das Haus betreten. Auch die Großmutter befand sich nach Einschätzung eines Arztes in verwahrlostem Zustand. Da außerdem der Verdacht auf fortgeschrittene Schizophrenie besteht, wurde sie sofort in eine psychiatrische Einrichtung gebracht.

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