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Brandenburg: Klein, mickrig, schlecht gesichert

Völlig unzureichende Räumlichkeiten für psychisch kranke Straftäter in BrandenburgVON MICHAEL MARA POTSDAM Psychisch kranke Straftäter sind in Brandenburg nicht sicher untergebracht.Weder in baulicher noch in personeller Hinsicht genüge der Maßregelvollzug den Anforderungen, räumte der Referatsleiter Psychiatrie im Gesundheitsministerium, Ulrich Hoffmann, am Freitag ein.

Völlig unzureichende Räumlichkeiten für psychisch kranke Straftäter in BrandenburgVON MICHAEL MARA POTSDAM Psychisch kranke Straftäter sind in Brandenburg nicht sicher untergebracht.Weder in baulicher noch in personeller Hinsicht genüge der Maßregelvollzug den Anforderungen, räumte der Referatsleiter Psychiatrie im Gesundheitsministerium, Ulrich Hoffmann, am Freitag ein.In den nächsten Jahren sollen deshalb in den Städten Brandenburg und Eberswalde zwei moderne Einrichtungen mit zusammen 175 Plätzen gebaut werden.Wegen zahlreicher Ausbrüche ist der Maßregelvollzug in Brandenburg in die Schlagzeilen geraten. Erst vor wenigen Tagen konnte der Sexualstraftäter Frank Schmökel zum dritten Mal aus der Landesklinik Brandenburg entweichen.Bisher fehlt jede Spur.Der 34jährige ist wegen mehrfachen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in Verbindung mit einem Tötungsversuch zu 14 Jahren Haft verurteilt worden.1994 hatte er bei seiner ersten Flucht in Mecklenburg-Vorpommern ein Mädchen vergewaltigt.1996 war er bei seiner zweiten Flucht in der Nähe des Wohnortes des Opfers gefaßt worden.Für seine jüngste Flucht habe Schmökel "ganz gezielt die schlechte Bausicherung genutzt", sagte Hoffmann.Die von den Gerichten in den Maßregelvollzug eingewiesenen Straftäter - jeder sechste gilt als gewalttätig - müßten in drei "baulich miserabel ausgestatteten" sogenannten festen Häusern der Landeskliniken "unter provisorischen Bedingungen" betreut werden.Die Außenanlagen seien unzureichend, zum Beispiel gebe es keine gesicherten Sportplätze.In den Häusern selbst fehle es an Möglichkeiten für Arbeits- und Sporttherapien."Wir haben nur kleine, mickrige, schlecht gesicherte therapeutische Räume, die Aggressivsten sitzen am beengtesten", so Hoffmann.Obendrein fehle hinreichend qualifiziertes therapeutisches Personal. Eine Folge der miserablen Vollzugsbedingungen, die laut Hoffmann die Grenze der Menschenwürde erreichen, sind die zahlreichen Ausbrüche, Geiselnahmen, Prügeleien und sonstigen Zwischenfälle.Hoffmann bestätigte, daß in den ersten siebeneinhalb Monaten des vergangenen Jahres allein aus der Landesklinik Brandenburg mehr als 50 kranke Täter entwichen seien.Allerdings waren die Ursachen für diese Ausbruchswelle überwiegend "hausgemacht".In der Landesklinik sei zu leichtfertig mit Lockerungsregelungen umgegangen worden, meinte Hoffmann.Grundsätzlich gebe es einen gesetzlichen Auftrag zum geloêkerten Vollzug bei Behandlungserfolg, doch seien diese Regelungen interpretationsfähig. Hoffmann zufolge haben die Konsequenzen, die im letzten Sommer in der Landesklinik Brandenburg aus der Ausbruchswelle gezogen wurden, zu einem Rückgang der Ausbrüche geführt: Lockerungen würden nicht mehr so großzügig wie in der Vergangenheit vorgenommen.In der Landesklinik Brandenburg und den anderen beiden Einrichtungen werden zusammen nur noch zwei pro Monat registriert.Zugleich ist der Leiter des Maßregelvollzuges in der Landesklinik von seinem Posten entbunden worden.Trotz mehrerer Ausschreibungen ist es bisher nicht gelungen, einen qualifizierten Nachfolger zu finden.Hoffmann zitierte einen zum Ortstermin in die Landesklinik Brandenburg gekommenen und dann auf Nimmerwiedersehen verschwundenen Bewerber mit den Worten: "Das tue ich mir nicht an!" Wann mit dem Bau der beiden neuen Einrichtungen für den Maßregelvollzug begonnen wird, ist unklar.Die vor rund drei Jahren eingeleiteten Planungen zögen sich hin, sagte Hoffmann.Außerdem gebe es in Eberswalde Widerstand gegen den Bau. 125 Personen befinden sich im Maßregelvollzug.Eigentlich stehen nur 122 Plätze zur Verfügung.Mindestens zehn Personen warten auf die Einweisung.Benötigt werden 175 Plätze, die auf die beiden neuen Einrichtungen je zur Hälfte aufgeteilt werden sollen.Hoffmann sagte, daß eine Konzentration auf zwei Standorte auch wirtschaftlich sinnvoll sei.Der Bau der beiden Einrichtungen wird mehr als 50 Millionen Mark kosten.Da im 97er Haushalt nur Planungsmittel eingestellt sind, kann mit dem Bau selbst frühestens im nächsten Jahr begonnen werden.

MICHAEL MARA

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