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Koalitionsverhandlungen: SPD und Linke werden sich unerwartet schnell einig

Vier Bereiche sind geklärt. Unklar bleibt, wie stark an der Polizei gespart wird. Gründer der Ost-SPD protestieren bei Platzeck gegen Bündnis mit der Linken.

Potsdam/Neuruppin - In Brandenburg legen SPD und Linke bei ihren Koalitionsverhandlungen ein unerwartetes Tempo vor. Bereits bei der ersten Verhandlungsrunde am Mittwoch in Potsdam hätten sich beide Seiten in der Wirtschafts-, Arbeitsmarkt-, Energie- und Finanzpolitik geeinigt, teilte Ministerpräsident und SPD-Chef Matthias Platzeck am Abend auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Linke- Chefverhandlerin Kerstin Kaiser mit. „Wir sind mit diesen Themen fertig. Sie werden nicht erneut aufgerufen.“ Es gebe nur noch ein, zwei offene Formulierungsfragen. Kaiser sagte: „Wir haben uns gestritten, aber nicht zerstritten.“

Bei der zweiten Verhandlungsrunde am Freitag sollen die als weniger heikel geltenden Themen Bildung, Wissenschaft und Forschung behandelt werden. Details wurden nicht genannt. Nach Tagesspiegel-Informationen haben sich SPD und Linke unter anderem erwartungsgemäß auf ein Vergabegesetz verständigt, das öffentliche Aufträge an Mindestlöhne koppelt. Außerdem sollen nach dem Prinzip „Stärken stärken“ besonders geförderte Zukunftsbranchen (bisher 16) weiter gestrafft werden, als es die bisherige Koalition mit der CDU tat. Es soll einen öffentlichen Beschäftigungssektor – in Abhängigkeit von Bundesprogrammen – mit rund 8000 Stellen geben. In der bisher strittigen Energiepolitik ist man sich grundsätzlich einig über einen Vorrang für erneuerbare Energien und am Festhalten an der Lausitzer Kohle, falls die derzeit erforschte Kohlendioxid-Abscheidung (CCS) als „Brückentechnologie“ ausreifen sollte.

Das Tempo hat auch damit zu tun, dass im Land Befürchtungen vor einem rot-roten Sparkurs wachsen. Sowohl der scheidende Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) als auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnen eindringlich vor Plänen von Finanzminister Rainer Speer (SPD), bei der Polizei zusätzlich rund 3000 Stellen einzusparen. Danach soll es im Jahr 2019 im Land statt zurzeit 9000 noch 5500 Polizisten geben. In diesem Fall, so Schönbohm, gebe es „nur Sicherheit für Reiche, die sich Privatdienste leisten können“. Eine weitere „Abrüstung der Polizei“ sei unverantwortlich. Und die GdP erinnert an die von der bisherigen Linke-Opposition zugesagte Unterstützung gegen Kürzungen.

Unklar ist bisher, ob wirklich 3000 Stellen bei der Polizei abgebaut werden, was Speer mit Verweis auf westdeutsche Flächenländer begründet. Einig sind sich die Koalitionäre jedoch darin, dass es beim Abbau des Landespersonals von 52 000 auf 40 000 Stellen bis 2019 bleibt. Mehr sei nach dem Ende des Solidarpaketes nicht bezahlbar, hieß es auf beiden Seiten.

Unterdessen reißt in der SPD die Kritik an der Entscheidung für Rot-Rot nicht ab. In einem Brief an Platzeck protestierten jetzt zwei Mitbegründer der SDP vom 7. Oktober 1990, die früheren Bundestagsabgeordneten Markus Meckel und Stephan Hilsberg, gegen die Pläne. „Es gibt keine Rechtfertigung, gerade die Partei an der Macht zu beteiligen, deren SED-Vorgängerin wir 1989/90 entmachtet haben“, heißt es darin. Alle „Experimente einer Zusammenarbeit“ auf Länderebene hätten die SPD geschwächt. Der Linken wird eine „populistische Art“ vorgeworfen, „die sich auf Neid und Missgunst gründet“. (mit axf)

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