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Kommentar: Ein Chef auf dem Egotrip

Das kannte man bisher nur von den Christdemokraten in Brandenburg: Jetzt sind es die märkischen Linken, die sich in inneren Querelen und in Selbstbestrafungsritualen üben. Ein Kommentar von Thorsten Metzner.

Als ob es nicht genug wäre, dass sich die Genossen im Bund wie die Kesselflicker darum streiten, wie revolutionär und radikal Sozialisten in Zeiten der Krise sein sollten, verliert deren Potsdamer Führungsspitze an Rückhalt in den eigenen Reihen. Erst war Oppositionsführerin Kerstin Kaiser mit einem schlechten Ergebnis zur Spitzenkandidatin für die Landtagswahl gekürt worden, jetzt sprach die Basis Parteichef Thomas Nord das Misstrauen aus. Und das alles ausgerechnet im Superwahljahr. Was läuft da schief im einst von Bundeschef Lothar Bisky geprägten Landesverband?

Über die Gründe, weshalb Nord abgestraft wurde, braucht man nicht zu spekulieren. Das Ergebnis sagt alles: Fast jeder zweite Genosse hat den Vorsitzenden nicht auf den Listenplatz 2 für den Bundestag gewählt. Es war Nords Egotrip–Kandidatur, die den inneren Frieden in der eigenen Partei belastet, die das Hauen und Stechen auf den weiteren Plätzen ausgelöst hat, die dazu führte, dass mit dem Ex-Bundesrichter Wolfgang Neskovic und dem Potsdamer Rolf Kutzmutz prominente, wählbare, über die Parteigrenzen hinaus anerkannte Linke in einer Kampfkandidatur aufeinandertrafen. Mit professionellem Management hat das nichts zu tun.

Seltsam, dass in letzter Zeit niemand fragte, worin der Vorteil für die Partei liegen soll, wenn der Landeschef im Bundestag sitzt. Noch schwerer wiegt, dass Nord schon an der verpatzten Nominierung von Kerstin Kaiser, in deren Ergebnis sich bereits der Frust über seinen Führungsstil entlud, den maßgeblichen Anteil hatte. Er hätte danach die Parteiseele besänftigen können und müssen. Stattdessen hat er mit seinem kühl, ohne Rücksicht durchgezogenen Absprung in den Bundestag die labilen Machtverhältnisse im Landesverband weiter destabilisiert. Jenseits sozialistischer Utopien geht es bei den Linken genauso um Posten, Mandate, persönliche Ambitionen und Karrierepläne wie bei anderen auch.

Nach dem Weggang der starken Autoritäten Lothar Bisky und Heinz Vietze fehlt den Linken in Brandenburg immer noch ein Kraft- und Machtzentrum. Das birgt Unberechenbarkeit. Für eine Linke, die regierungsfähig sein will, die nach 19 Jahren zermürbender, frustrierender Opposition die Regenerierung durch Rot-Rot dringend nötig hätte, ist das ein gefährliches Manko.

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