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Brandenburg: Kreisfreie Städte könnten ihre Freiheit bald verlieren

Internes Strategie-Papier der Staatskanzlei empfiehlt erneute Gebietsreform und macht konkrete Vorschläge für die Randgebiete, die immer mehr veröden

Potsdam - Ein internes Strategie-Papier der Staatskanzlei von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) empfiehlt eine „Überprüfung der derzeitigen Kreisstruktur mit dem Ziel der Reduzierung der Anzahl der Landkreise und der Einkreisung der kreisfreien Städte". Bislang gibt es 14 Kreise und vier eigenständige Städte, wobei die Koalition eine Kreisreform bis 2009 ausschließt. Ausdrücklich wird in dem Papier auf Mecklenburg-Vorpommern verwiesen, das jetzt fünf Regionalkreise bildet – „bei vollständiger Integration der kreisfreien Städte". Hierzulande hieße dies, dass Cottbus, Brandenburg, Frankfurt und Potsdam die Kreisfreiheit verlieren würden.

Der Druck zu schlanken Strukturen wächst dramatisch: Im Jahr 2020 werden in den dünn besiedelten Randregionen 240 000 Menschen weniger leben als jetzt. Eine Folge wird sein, dass Brandenburg aus dem je Einwohner verteilten Länderfinanzausgleich bis dahin drei Milliarden Euro weniger erhält. Zudem drohen ein Mangel an Fachkräften oder auch verödete, verlassene Dörfer. „Die physische und mentale Flexibilität der Bevölkerung sinkt.“ Es müsse damit gerechnet werden, „dass Häuser und Hofstellen zunehmend leer fallen“.

In dem Papier wird eine „radikale Abkehr von allein auf Wachstum ausgerichteten Politikkonzepten" gefordert. In dem 80-Seiten-Bericht über Konsequenzen aus Alterung, Abwanderung und Bevölkerungsrückgang heißt es: „In allen Bereichen sind Wachstumsfesseln zu lösen, die in überzogenem Anspruchsdenken an den Staat (…) begründet sind."

Dieser zweite Demografiebericht der Platzeck-Regierung enthält konkrete Vorschläge, wie das Land in den Randregionen lebensfähig bleiben kann. Beim Vorläufer-Papier vom Februar 2004 hatte man darauf mit Rücksicht auf die bevorstehende Landtagswahl verzichtet. Stichworte sind die Konzentration der Fördermittel auf ausgewählte Städte und dynamische Wirtschaftsbranchen. Werden Kitas nicht ausgelastet, sollen Tagesmütter die Kinder betreuen. Im Nahverkehr könnten „Rufbusse" eingeführt werden, die nur bei Bedarf fahren. Der Bericht schlägt auch „Bürgerbusse" wie in England oder Holland vor, die von Freiwilligen gesteuert werden. Überhaupt werde die Bedeutung ehrenamtlichen Engagements wachsen. Außerdem seien in einem bevölkerungsschwachen Land mobile Lösungen gefragt. So erprobe das Finanzgericht Cottbus bereits Videoverhandlungen.

Das Papier empfiehlt, ausländische Fachkräfte anzusiedeln, um abgewanderte Brandenburger zu ersetzen. Und: Die Märker sollten sich darauf einstellen, dass sie bis zur Rente länger arbeiten und häufiger den Beruf wechseln müssen.

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