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Denis Scheck, Literaturredakteur beim Deutschlandfunk, bespricht einmal monatlich die „Spiegel“-Bestsellerliste, abwechselnd Belletristik und Sachbuch – parallel zu seiner sonntäglichen ARD-Sendung „Druckfrisch“. Da diese bis 26.

Denis Scheck, Literaturredakteur beim Deutschlandfunk, bespricht einmal monatlich die „Spiegel“-Bestsellerliste, abwechselnd Belletristik und Sachbuch – parallel zu seiner sonntäglichen ARD-Sendung „Druckfrisch“. Da diese bis 26. August Sommerpause macht, heute exklusiv im Tagesspiegel.

10) Dora Heldt: Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt (dtv, 336 S., 14,90 €)

Unbewältigte Altersängste bringen in ihrem Wertesystem komplett in den Zwängen der Kleinbürgerlichkeit verpolte Frauen an den Rand des Nervenzusammenbruchs. Ein Beispiel für jene hirnverkleisternde Frauenliteratur, die einen vom Feminismus abfallen lassen kann.

9) Tana French: Schattenstill (Deutsch von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann, Scherz Verlag, 732 S., 16, 99 €)

Der überraschend intelligente, voltenreiche irische Krimi über den Mord an einer hoch verschuldeten vierköpfigen irischen Kleinfamilie lebt vor allem von einem: der Erzählerstimme des eitlen und mehr als fehlbaren Detective Kennedy. Warum sagt denn niemand in der deutschen Literaturkritik, dass Tana French eine herausragende neue Krimiautorin ist?

8) Jussi Adler-Olsen: Das Alphabethaus (Deutsch von Marieke Heimburger und Hannes Thiess, dtv, 592 S., 15,90 €)

Der erste Roman von Jussi Adler-Olsen ist sein schlechtester: ein grundalberner Nazi-Thriller mit peinlichen antideutsche Klischees in Serie. Niemand wird überraschter sein, dieses maue Machwerk 15 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung auf einer deutschen Bestsellerliste wiederzufinden, als sein Autor.

7) Suzanne Collins: Die Tribute von Panem: Tödliche Spiele (Deutsch von Sylke Hachmeister und Peter Klöss, Oetinger, 414 S., 17,90 €)

Der Auftaktband einer spannenden Science-Fiction-Trilogie, die unserem tristen DSDS-Gemeinwesen den Spiegel vorhält wie einstmals George Orwells „1984“ den westlichen Demokratien 1948.

6) Suzanne Collins: Die Tribute von Panem: Gefährliche Liebe (Deutsch von Sylke Hachmeister und Peter Klöss, Oetinger, 431 S., 17,95 €)

Vieles an dieser lesenwerten Dystopie – dies ist Band zwei und keineswegs langweilig – wirkt konstruiert; bittere Realität ist leider die Schilderung einer durch populistische Unterhaltung in den Massenmedien verblödeten Öffentlichkeit.

5) Suzanne Collins: Die Tribute von Panem: Flammender Zorn (Deutsch von Sylke Hachmeister und Peter Klöss, Oetinger, 430 S., 17,90 €)

Band drei von Suzanne Collins’ Schilderung einer finsteren Zukunft, in der verblüffende Ähnlichkeiten zwischen Castingshows und Gladiatorenspielen herausgearbeitet werden. Ein mitreißendes Jugendbuch, das die alte Frage neu stellt, ob Rom durch Barbaren von innen oder außen untergegangen ist.

4) Rachel Joyce: Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry (Deutsch von Maria Andreas, Krüger Verlag, 381 S., 18,99 €)

Ein Mann wandert 1000 Kilometer, weil er sich von einer krebskranken Arbeitskollegin verabschieden will. Diese fade Tippelbruder-Prosa haben all jene Menschen verdient, denen Kerkelings Aufzeichnungen vom Jakobsweg zu kurz waren.

3) Donna Leon: Reiches Erbe (Deutsch von Werner Schmitz, Diogenes Verlag, 316 S., 22,90 €)

Es ist immer dasselbe: Da nimmt man sich fest vor, diesmal ungerührt zu bleiben, und dann hat einen Venedig schon um den Finger gewickelt, während man noch im Wassertaxi sitzt und Ausschau nach dem Campanile hält. Genau so ist es mir mit Leons 20. Brunetti-Krimi ergangen, in dem es um die an einem scheinbar natürlichen Herztod verstorbene Signora Altavilla geht. Ein morbides Vergnügen.

2) Jean-Luc Bannalec: Bretonische Verhältnisse (Verlag Kiepenheuer & Witsch, 302 S., 14,90 €)

Wer ist Jean-Luc Bannalec? Man munkelt, ein Kölner verstecke sich hinter diesem Pseudonym. Lukas Podolski? Elke Heidenreich? Harald Schmidt? Eher Willy Millowitsch. Dieser Regionalkrimi liefert wackere Unterhaltung, aber Ermittler und Setting wirken bereits im Debüt so zum Klischee erstarrt („Trocknen Sie sich erst einmal ab, Monsieur Dupin. Einen Café?“) wie Brunetti nach seinem 20. Fall.

1) Jonas Jonasson: Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand (Deutsch von Wibke Kuhn, Carl’s Books, 414 S., 14,99 €)

Eine kurzweilige historische Nachhilfestunde in Schmökerform mit einem Helden, der an Woody Allens „Zelig“ oder an „Forrest Gump“ erinnert. Strandlektüre.

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