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Kultur: 10 Jahre Hauptstadtbeschluss: "Ich habe mich geirrt mit meiner Skepsis". Der CDU-Abgeordnete Pflüger über seine Gründe für Bonn

Der 46-Jährige Friedbert Pflüger sitzt für die CDU im Deutschen Bundestag. Er stimmte damals für Bonn und gegen Berlin.

Der 46-Jährige Friedbert Pflüger sitzt für die CDU im Deutschen Bundestag. Er stimmte damals für Bonn und gegen Berlin.

Sie haben damals in der Debatte betont, Sie seien für Bonn, aber nicht gegen Berlin. Wie haben Sie das gemeint?

Ich hatte von 1981 bis 1984 drei Jahre in Berlin gelebt, war Mitarbeiter von Richard von Weizsäcker. Ich habe diese Stadt lieben gelernt. Es war eine wundervolle Zeit. Ich hatte bei der Entscheidung 1991 deshalb keine Angst vor dieser großen Stadt, auch nicht vor den neuen Erfahrungen im Ostteil. Meine Gründe waren für Bonn.

Gut, erklären Sie, welche das waren.

Wir hatten in 40 Jahren die Bonner Demokratie aufgebaut: Westbindung, transatlantisches Bündnis, Bruch mit den früheren Versuchen, ein deutsches Europa aufzubauen und der Wille, nun ein europäisches Deutschland zu schaffen. Dieses Vaterland, das eng mit der Bonner Demokratie verbunden war, in Berlin aufrechtzuerhalten, da war ich skeptisch. Viele glaubten, man könnte diese 40 Jahre einfach ablegen. Ich nicht.

Was haben Sie direkt nach der Abstimmung gedacht. Können Sie sich erinnern?

Kurz nach der Abstimmung habe ich betont, dass ich die Entscheidung als Demokrat akzeptiere. Ich habe mich danach nie an Bremsversuchen beteiligt. Am Vormittag des 21.6. 1991 gab es eine Stimmung für Bonn. Diese Stimmung hat vor allem Wolfgang Schäuble gedreht und die vielen Zweifler überzeugt. Mich zwar nicht. Aber ich habe keine Bitterkeit empfunden, sondern die Gründe akzeptiert. Es war eine wichtige, befreiende Debatte, weil sie nach dem Fall der Mauer die erste war, die über unser nationales Selbstverständnis handelte.

Haben Sie es jemals bereut, sich für Bonn entschieden zu haben?

Ich würde heute in Kenntnis dessen, was in den letzten zehn Jahren geschehen ist - gerade in Berlin -, nicht mehr so abstimmen. Ich habe mich geirrt mit meiner Skepsis. Ich bereue es aber nicht, es war zu dem Zeitpunkt notwendig, Warnungen auszusprechen. Hätten alle damals nur gejubelt, vielleicht sähe Berlin heute anders aus?

Richard Schröder sagt, der Beschluss war ein Glück für die Einheit. Würden Sie ihm da zustimmen?

Das habe ich damals natürlich nicht so empfunden. Aber auch nicht das Gegenteil. Ich habe am nächsten Tag gesagt, dass wir uns nun mit aller Kraft darauf konzentrieren müssen, die Bonner Demokratie in Berlin fortzuführen.

Wie geht es Ihnen heute in Berlin?

Meine Frau und ich fühlen uns hier sehr wohl. Berlin ist eine weltoffene, freie Metropole geworden. Der neue Reichstag ist ein glanzvolles Stück moderner, weltoffener Architektur. Die Kuppel ist schon längst Symbol der deutschen Demokratie. Oder auch die Neue Wache. Ich konnte mir damals nicht vorstellen, dass sie wieder zur zentralen Gedenkstätte werden kann. Es ist gelungen, in Berlin Geschichte mit Moderne zu verbinden. Ich war skeptisch, ja. Aber heute bin ich verdammt gerne in Berlin.

Welche Chancen hat die Stadt?

Berlin ist immer dann stark, wenn es eine Mission hat. Die Stadt kann die Zentrale und der Motor der Vereinigung Europas werden. Dass sie sich dafür einsetzt, das wünsche ich mir vom Regierenden Bürgermeister, wer es auch sein wird.

Sie haben damals in der Debatte betont[Sie seien]

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