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"245 Kubikmeter": Künstler Sierra beendet Gaskammer-Installation

Der für seine provokanten Installationen bekannte Künstler Santiago Sierra hat seine Kunstaktion in einer Pulheimer Synagoge beendet. Der Mexikaner hatte Autoabgase in das ehemalige jüdische Bethaus eingeleitet; Besucher konnten den Bau mit Gasmasken betreten.

Pulheim - Die umstrittene Kunstaktion des Mexikaners Santiago Sierra (39) in der Synagoge von Pulheim-Stommeln bei Köln ist endgültig beendet. Dies sei das Ergebnis eines Gesprächs des Künstlers mit der jüdischen Gemeinde in Köln, teilte die Stadt Pulheim am Dienstag mit. Sierra hatte in das ehemalige jüdische Bethaus Autoabgase geleitet, um nach seinen Angaben der Banalisierung der Erinnerung an den Holocaust entgegenzuwirken. Dies hatte unter anderem der Zentralrat der Juden als Verhöhnung der Opfer kritisiert.

Die Aktion hatte am 12. März begonnen und sollte ursprünglich an jedem Sonntag bis Ende April fortgesetzt werden. Das Projekt, bei dem die frühere Synagoge zur «Gaskammer» wurde, «war und ist für die Mitglieder der Synagogen-Gemeinde Köln nicht tolerabel. Das wird von den Offiziellen der Stadt Pulheim ebenso nachgefühlt wie auch vom Künstler selber», hieß es am Dienstag in einer gemeinsamen Erklärung Sierras, der Stadt und der jüdischen Gemeinde Kölns.

Das Aus für das Projekt «245 Kubikmeter» sei einvernehmlich mit dem Künstler beschlossen worden. Sierra erklärte, er habe niemanden beleidigen oder verletzen wollen. Alle Beteiligten seien sich darin einig, dass das seit 1991 jährlich von der Stadt Pulheim organisierte Projekt «Kunst in der Synagoge» einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der Geschichte der Juden in Deutschland und zur Erinnerung an den Holocaust leiste. Dies sei Verdienst der für die Kunst-Reihe Verantwortlichen in der Stadt Pulheim, betonten die Vertreter der Synagogen-Gemeinde Köln. Man sei sich auch einig, dass weiter nach einer «angemessenen und zeitgemäßen Mahnung und Erinnerung» an den NS-Völkermord gesucht werden müsse.

Nach heftiger Kritik an dem Projekt, für das der in Mexiko lebende Sierra mit langen Schläuchen Abgase von sechs Autos in das ehemalige Gebetshaus geleitet hatte, war die Aktion zunächst vorübergehend gestoppt worden. Besucher hatten zuvor die Synagoge mit einer Gasmaske und in Begleitung eines Feuerwehrmanns betreten können.

Neben dem Zentralrat der Juden hatten sich zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft über die Kunstaktion «245 Kubikmeter» empört gezeigt. Der Holocaust-Überlebende und Kölner Autor Ralph Giordano («Die Bertinis») hatte das Projekt als eine «Niedertracht sondergleichen» kritisiert. (tso/dpa)

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