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"245 Kubikmeter": Künstler Sierra will Gaskammern-Installation abbrechen

Der mexikanische Künstler Santiago Sierra will sein umstrittenes Kunstprojekt in Pulheim bei Köln nicht weiterführen. Er fühle sich missverstanden, so Sierra. Der 39-Jährige hatte Besucher in ein ehemaliges jüdisches Gebetshaus geführt und dort Abgase aus sechs Autos einleiten lassen.

Pulheim - Santiago Sierra will sein heftig umstrittenes Kunstprojekt in der Synagoge Stommeln in Pulheim nahe Köln abbrechen. Das hat der in Mexiko lebende Spanier (39) in einem Gespräch mit dem Hamburger Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» angekündigt. Zwar habe er eine Diskussion auslösen wollen, sagte Sierra, auch mit Reaktionen habe er gerechnet. «Dennoch fühle ich mich missverstanden.» Auch habe er das Gefühl, ohne Zusammenhang dargestellt zu werden. Er habe keine «Gaskammer» geschaffen, sondern ein «Kunstwerk zum Thema Gaskammer». «Das ist ein Unterschied», sagte der Künstler dem «Spiegel».

Als bildender Künstler müsse man «harte Bilder» wählen dürfen, um schmerzhafte Epochen der Geschichte zu thematisieren, forderte Sierra. Ihm sei es um eine Verbildlichung des Leidens und eine Würdigung der Juden in Deutschland gegangen. «Dass sie sich nun gegen mich wenden, das konnte ich nicht wollen.»

Die Stadt Pulheim bei Köln ist von der Absicht des Künstlers Santiago Sierra, sein umstrittenes Kunstprojekt in der Synagoge Stommeln zu beenden, «überrascht». Es sei aber Sierras «gutes Recht», das Kunstprojekt abzubrechen, sagte Kulturdezernent Florian Herpel am Montag auf Anfrage. «Wir würden eine solche Entscheidung respektieren.» Unabhängig davon aber halte die Stadt an den Plänen fest, ein Gespräch mit der jüdischen Gemeinde in Köln, Vertretern der Stadt und dem Künstler zu führen. «Die erstmalige Realisierung der Kunstaktion hat ja gezeigt, wie notwendig es ist, miteinander zu sprechen», betonte Herpel.

Nach heftiger Kritik am Projekt «245 Kubikmeter», für das der in Mexiko lebende Sierra (39) Abgase von sechs Autos in das ehemalige jüdische Gebetshaus geleitet hatte, war die Aktion nach dem Eröffnungstag am 12. März zunächst vorübergehend gestoppt worden. Besucher hatten die Synagoge mit einer Gasmaske für wenige Minuten und in Begleitung eines Feuerwehrmannes betreten können. Die Aktion sollte ursprünglich jeweils sonntags bis zum 30. April stattfinden.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hatte die Aktion in dem ehemaligen jüdischen Gebetsraum als «eine Beleidigung der Opfer des Holocaust» scharf verurteilt. Auch der Holocaust-Überlebende und Autor Ralph Giordano («Die Bertinis») hatte das Projekt als eine «Niedertracht sondergleichen» kritisiert. (tso/dpa)

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