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Kultur: 45 Minuten Hotel

Wer aus den Ferien kommt, denkt meistens: an die Ferien. An die nächsten Ferien, irgendwann.

Wer aus den Ferien kommt, denkt meistens: an die Ferien. An die nächsten Ferien, irgendwann. Und wer sie noch vor sich hat, denkt sowieso an sie. Der blättert dann im Geiste, im Internet, in Reisekatalogen/führern/büchern und hat schon wieder die schönsten Orte vor Augen. Blättert er allerdings in der Schweizer „Hotel und Tourismus Revue“, dann erfährt er auch etwas über die erfolgreichsten Beherbergungsbetriebe dieser Welt. Es sind dies Japans Liebeshotels. Das freilich sind keine Bordelle oder Geisha-Clubs. Sondern diskrete Herbergen für alle verliebten Japaner, deren Wohnungen zu klein und deren heimische Wände zu dünn sind, um sich darin ungestört zu begegnen. Rund 17000 dieser Love-Hotels gibt es im fernen Nippon, und die Liebe darin ist so beliebt, dass sich daran auch immer mehr amerikanische und europäische Investoren beteiligen. Die Berliner und überhaupt die (aussterbenden) Deutschen werden das bei ihrem Wohnungsleerstand vielleicht weniger nachvollziehen können. Aber die Italiener beispielsweise, die sich früher vor allem in schaukelnden Cinquecentos mit akrobatischen Verrenkungen lieben und fortpflanzen lernten, könnten Japan als Liebesachsenmacht wieder zum Vorbild nehmen. Wohnt doch selbst der reifere Latin Lover, solange er unverheiratet ist, noch immer überwiegend bei Mama. Die Japaner wiederum müssten das dolce vita auch als far niente lernen. Denn für 60 Euro pro Nacht bleiben die Rastlosen meist nur 45 Minuten im Liebesnest. So kommen die Hotels dann auf 260 Prozent Auslastung!

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