zum Hauptinhalt

Kultur: 50 Jahre Auswärtiges Amt: Kennzeichen D

Das Auswärtige Amt wird 50, und schon geht die Suche los nach prägenden Figuren eines halben Jahrhunderts, entscheidenden Daten und Begriffen. Da ist es hilfreich, dass die gute alte deutsche Ostpolitik immerhin zu den Wörtern gehört, die Eingang gefunden haben in die englische Sprache - neben der Weltanschauung, dem Kindergarten und der Schadenfreude.

Das Auswärtige Amt wird 50, und schon geht die Suche los nach prägenden Figuren eines halben Jahrhunderts, entscheidenden Daten und Begriffen. Da ist es hilfreich, dass die gute alte deutsche Ostpolitik immerhin zu den Wörtern gehört, die Eingang gefunden haben in die englische Sprache - neben der Weltanschauung, dem Kindergarten und der Schadenfreude. Die Westbindung war nach dem Zweiten Weltkrieg historische Notwendigkeit, und die "Normalisierung" seit 1989 ist als Kennzeichen D auch nicht gerade markant. Deutsche Bundeswehrsoldaten rückten im Sommer 1999 in das Kosovo ein. Aber das taten amerikanische und französische Soldaten auch.

Bleibt die Ostpolitik. Sie ist ein Wesenszug deutscher Nachkriegs-Politik. Der britische Historiker Timothy Garton Ash urteilt: "Betrachtet man die Politik der wichtigsten westlichen Mächte gegenüber Osteuropa während der zwanzig Jahre von 1969 bis 1989, dann entdeckt man bald, dass die Politik der Bundesrepublik die konsequenteste, extensivste und intensivste war."

Wohlgemerkt: Die Politik der Bundesrepublik. Die Verfügung Konrad Adenauers, übrigens in Personalunion auch gleich der erste Nachkriegs-Außenminister, wonach am 15. März 1951 in Bonn das Auswärtige Amt wieder eingerichtet wurde - sie ist natürlich ein rein bundesrepublikanisches Datum. Und eines, das die Brüche der deutschen Geschichte verdeutlicht. Eigentlich geht das Auswärtige Amt auf das Jahr 1870 und Otto von Bismarck zurück oder, wenn man noch weiter zurückblättert, auf das preußische Außenamt und das Jahr 1808.

Seither hat die deutsche Außenpolitik Abschied genommen von dem Großmachtstreben, das in den Trümmern von 1945 endete. Seit der Wiedervereinigung führt sie das Kennzeichen E im Briefkopf, womit nicht nur Europa gemeint ist, sondern vor allem der Euro. Als Helmut Kohl 1992 den Maastrichter Vertrag unterschrieb, war Deutschland wieder um ein Stück Souveränität ärmer - in der Geldpolitik.

Dabei ist die bundesdeutsche Außenpolitik für den größten Teil der Nachkriegszeit nie richtig souverän gewesen. Als die drei Hohen Kommissare der West-Alliierten im Beisein von Adenauer im Jahr 1949 das Besatzungsstatut verkündeten, bekamen Bund und Länder zwar gesetzgeberische Befugnisse eingeräumt. Das Recht auf eine selbstständige Außenpolitik erhielt die Bundesrepublik aber erst zwei Jahre später. Das Treffen zwischen den drei West-Alliierten und Adenauer auf dem Petersberg hoch oben über Bonn gehörte zum Bestand bundesrepublikanischer Erinnerungen. Adenauer, der Vertreter des entmachteten Deutschlands, durfte den Teppich, auf dem die Hohen Kommissare McCloy (USA), François-Poncet (Frankreich) und Robertson (Großbritannien) standen, eigentlich nicht betreten. Entgegen dem Protokoll tat er es aber doch.

Es dauerte lange, bis dem symbolischen Schritt Adenauers auch Taten folgten. Die Bundesrepublik emanzipierte sich über die Westverträge der frühen fünfziger Jahre und die Ostverträge der frühen siebziger Jahre. Daran hatte nicht nur das Auswärtige Amt seinen Anteil, sondern vor allem auch die jeweiligen Kanzler, die die Außenpolitik schnell als ihre Domäne entdeckten. Bevor der Warschauer Vertrag zwischen der Bundesrepublik und Polen im Dezember 1970 unterzeichnet wurde, war der damalige Außenminister Scheel noch einmal in Warschau gewesen, um die letzten Details zu verhandeln. Mit dem Vertrag verbindet sich aber nicht der Name von Walter Scheel, sondern Willy Brandts Kniefall vor den Opfern des Warschauer Gettoaufstandes.

Zwischen Helmut Kohl und Hans-Dietrich Genscher kam es später sogar zu einer Art Arbeitsteilung, als der christdemokratische Regierungschef begann, die Westbeziehungen neu zu entdecken. Genscher machte sich prompt zum Anwalt der Ostpolitik. Vor allem gelang es dem Erfinder des "Genscherismus", die unselige Weimarer Schaukelpolitik zwischen Ost und West ins Museum zu schieben. Was der "Genscherismus" war? Noch einmal Timothy Garton Ash: "Die Wahrung von bestmöglichen Beziehungen mit einer größtmöglichen Zahl von Staaten unter Beibehaltung des höchstmöglichen innenpolitischen Profils."

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false