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Kultur: 65, verweht

BKM-Stellvertreter Schäfer vor dem Abgang

Still und leise wird das Ende einer Amtszeit gehandelt, deren Anfang vor knapp zwei Jahren noch die Kulturwelt beschäftigte. Hermann Schäfer, Stellvertreter und Amtsleiter von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU), scheidet Ende des Monats aus. Den renommierten Gründungsdirektor des Bonner „Hauses der Geschichte der Bundesrepublik“ berief Neumann Anfang 2006 – mit Aussicht auf die gesamte Legislaturperiode bis 2009. Nun erwischt es den Seiteneinsteiger Schäfer zum anstehenden 65. Geburtstag. Als Anlass des als Pensionierung getarnten Rauswurfs wird eine Geschichte aus dem fernen Bonn kolportiert. Dort hatte Schäfer den Augiasstall der skandalös wirtschaftenden Bundeskunsthalle auszukehren. Mittlerweile wird auch Schäfers Bonner Vergangenheit durchwühlt. Nix dran, signalisierte der Bundesrechnungshof – doch der Makel bleibt, aktenkundig durch ein Disziplinarverfahren. Eine Verlängerung der Amtszeit – nur so viel ist aus dem Hause Neumann zu erfahren – stößt beim beamtenrechtlich zuständigen Innenministerium auf strikte Ablehnung.

Die Bonner Affäre ist mitnichten Ursache des vorzeitigen Abschieds. Die offene Flanke Neumanns, als alter Fuhrmann des Tagesgeschäfts zu wenig von der heiklen Materie der Geschichtspolitik, der Gedenkstätten und Diktaturaufarbeitung zu verstehen, sollte Schäfer als Fachmann unangreifbar schließen. Doch der früher so umtriebige Museumsmanager wirkte im neuen Amt zögerlich. Immerhin liegt die „Fortschreibung der Gedenkstättenkonzeption“ seit Juli vor und dürfte in Kürze den Bundestag passieren. Diese seine größte Aufgabe hat Schäfer bewältigt. Die Leitung des Amtes indessen, so wird gemunkelt, bekam er nie recht in den Griff.

Und dann der katastrophale Lapsus in Weimar. Statt Buchenwald, dieses bleibende Menetekel Weimars, auch nur zu erwähnen, sprach Schäfer im August 2006 unverdrossen über das Schicksal der deutschen Vertriebenen. Eine zielgerichtet missverstandene Rede, gewiss; aber auf welch glattes Parkett sich begibt, wer über die deutsche Vergangenheit sprechen will, durfte Schäfer schlichtweg nicht verkennen. Ausgerechnet der Fachhistoriker, nach Berlin geholt aufgrund seiner allseits gelobten Bonner Vertriebenen-Ausstellung, wusste seine Worte nicht sorgfältig zu wägen.

Neumann musste sich für die „durch die Rede meines Abteilungsleiters ausgelösten politischen Missverständnisse“ in aller Form entschuldigen. Zwar hielt er am „Abteilungsleiter“ – korrekt, aber bereits distanzierend – fest, doch wird er die Schlappe nicht vergessen haben. Jetzt hat der Profi Neumann – selbst übrigens 65 – die Gelegenheit erspäht, die unersprießliche Personalie zu lösen. Sein eigenes Defizit in Sachen Geschichtspolitik hat Neumann mittlerweile bemerkenswert souverän ausgeglichen. Der kommende Stellvertreter darf ruhig auf allen Feldern des Kulturbetriebs beschlagen sein. Den Kopf politisch hinhalten muss der Minister allein. Bernhard Schulz

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