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Kultur: 90 rote Rosen

Berliner Geburtstagskonzerte

Die ersten Gratulanten waren sein einstiges Orchester und der frühere BSO-Dirigent Hans Peter Frank, mit dem Kurt Sanderling viele Jahre einmütig zusammengearbeitet hat. Das Jubelstück schlechthin, Webers „Euryanthe“-Ouvertüre, leitete die Festliche Matinee zum 90. Geburtstag für Kurt Sanderling im Konzerthaus ein. Eine geradezu Sanderlingsche Musizierhaltung, nämlich eine ganz gewaltlose, beinahe kammermusikalische Klarheit, eine anspringende Prägnanz und sprühende Spiellaune gaben den Ton an.

Danach traten die Festredner ans Pult: der Konzerthaus-Intendant Frank Schneider und der Kultursenator Thomas Flierl, der dem 90-jährigen Geburtstagskind die Ernst-Reuter-Plakette überreichte. Die Laudatio präsentierte Ulrich Eckhardt dem einstigen BSO-Chefdirigenten, der, glänzend aufgelegt und stürmisch begrüßt, mit seiner gesamten musikalischen Familie im Konzerthaus erschienen war. So richtig warm ums Herz wurde einem bei den anrührenden, geradezu philosophisch heiteren Dankesworten von Kurt Sanderling. Und was zum Schluss „sein“ Orchester und Hans-Peter Frank bei der „Frühlingssinfonie“ von Schumann mit himmelhoch jauchzendem Elan und klanglichem Feinschliff zu sagen hatten, dürfte vollends im Sinne des viel geehrten Mannes der großen Dirigierkunst gewesen sein, der mit intellektueller Energie und Leidenschaft das BSO in die Spitzenklasse der europäischen Orchester geführt hat.

Am Abend zauberten die Philharmoniker für Kurt Sanderling. Bei seinem letzten Konzert im Mai dieses Jahres war Mitsuko Uchida seine Solistin beim Mozartschen c-Moll-Konzert. Und da beide seit langem eine besonders enge künstlerische Zusammenarbeit verbindet, spielte sie im Philharmonischen Geburtstagskonzert für Kurt Sanderling, das zudem ein Benefizkonzert zu Gunsten sächsischer Musikschulen war, gleich zwei Mozart-Klavierkonzerte. Das in A-Dur- KV 414 und das in B-Dur KV 595 – in einer eindrücklichen Variabilität des Leisen und einer schon etwas romantisch verklärten und verschatteten Subtilität. Und da bei ihr alles den Rang des Außergewöhnlichen besitzt, verwunderte es nicht, dass sie auch noch vom Flügel aus die Leitung des Orchesters übernahm. Sie dirigierte mal mit überaus kapriziös und sogar etwas kokett wirkenden Gesten, mal mit der beschwörenden Zartheit, die ihrem filigranen Klavierspiel eignet. Dass manches in einer allzu sanften Melancholie leicht verschwamm und somit an Kontur und zeitnaher Ausdrucksschärfe etwas einbüßte, war nicht zu überhören.

Im Mittelpunkt des Geburtstagsfestes stand Mozarts „Gran Partita“ B-Dur KV 361. Bei diesem Bläser-Wunderwerk entfachten die 13 Philharmonischen Solisten unter Sir Simon Rattle einen instrumentalen Spitzentanz par excellence. Das expressive Kantilenenspiel, die burleske Brillanz, das beinahe Beethovensche Brio hielten in Atem. Aber auch die traumhaften atmosphärischen Valeurs im Adagio und der Romanze wird man so schnell nicht vergessen. Rattle legte eine unerhörte spiellaunige Gestaltungsfreudigkeit an den Tag, aber auch eine überaus noble Phrasierungskunst und auf rasante Weise einen Hang zu einer geistreichen Artistik. Am Ende beglückwünschte Rattle den auch in der Philharmonie hoch gefeierten Kurt Sanderling aufs herzlichste und überreichte ihm 90 Rosen. Eckart Schwinger

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