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Kultur: Ab in die Kiste

Joseph Finders Krimi „Lebendig und begraben“.

Eine Stunde hat die 16 Jahre alte Alexa an ihrem Make up gearbeitet. Später wird sie im angesagtesten Club von Boston einen jungen Mann kennenlernen, der weiß, wie man vielversprechend miteinander ins Gespräch kommt. Nach ein paar Stunden erwacht sie in einer Kiste, in der sie sich kaum bewegen kann. Von ihrem Entführer hört sie über einen Lautsprecher, dass er sie lebendig begraben hat.

Der amerikanische Autor Joseph Finder hat in seinem Roman „Lebendig und begraben“ einen scheinbar simplen Fall konstruiert. Ein Mädchen wird verschleppt, der reiche Vater ist verzweifelt, und nur einer kann helfen – der überaus heldenhafte Detektiv Nick Heller. Dass man diesen Kriminalroman mit der gleichen hohen Geschwindigkeit lesen will, in dem Heller nach Alexa sucht, liegt an Finders cool-ironischem Erzählstil – so gehört sich das schließlich für einen harten und smarten Privatermittler. Aber auch an der gut gebauten Serie von Drehungen und Wendungen dieses Falles.

Eine Entführung auf der Höhe der Zeit – technisch und politisch. Nick Hellers Auftraggeber, Alexas Vater, hat sein Geld als Fondsmanager verdient. Da macht man sich nicht nur Freunde, aller Wohltäterei zum Trotz. Zumal dann nicht, wenn das auf Papier gebaute Imperium im Zuge der Finanzkrise Schäden erlitten hat. Ermittler Heller ist dem Mann persönlich verbunden, Ekel vor dieser Art Auftraggeber liegt ihm fern. Doch je mehr er hinter die Geschäfte von Alexas Vater steigt, desto größer wird sein innerer Abstand zum Auftraggeber. Joseph Finder schreibt im Nachwort, einige Hedgefonds-„Titanen“ hätten ihm etwas über ihr Geschäft erzählt. Was er über das auf Versprechen gegründete Reich von Alexas Vater schreibt, passt jedenfalls zu den Wirtschaftskrimis der Wirklichkeit.

Up to date ist Joseph Finder auch im Umgang mit modernster Technik. Der Entführer hat einen durch Videos und das Internet gestützten Kommunikationsweg eingerichtet, um den Vater des Opfers an dessen Leid teilhaben zu lassen. Das ist infam und hält Heller unter wütender Spannung. Dann wird es schlimm. 28 Seiten vor dem Ende lässt Joseph Finder seinen Ermittler sagen: „Eigentlich war ich gekommen, um Alexa zu retten. Aber jetzt ging es nur noch ums eigene Überleben.“ Werner van Bebber

Joseph Finder:

Lebendig und

begraben. Roman. Aus dem Amerikanischen von Wolfgang Thon.

Aufbau Verlag,

Berlin 2012.

432 S., 9,99 €

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