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Kultur: Abgespannt im Hier und Jetzt

In den vergangenen Jahren sind zahlreiche Neubauten für die Bedürfnisse von Unternehmen aus der new economy entstanden. Etliche Start-Ups sind allerdings wieder verschwunden, und von new economy mag niemand mehr sprechen.

In den vergangenen Jahren sind zahlreiche Neubauten für die Bedürfnisse von Unternehmen aus der new economy entstanden. Etliche Start-Ups sind allerdings wieder verschwunden, und von new economy mag niemand mehr sprechen. Die Firma MetaDesign indessen tangiert der wechselnde Sprachgebrauch nicht. Auch wenn sie im Bereich der Unternehmenskommunikation durchaus trendig tätig ist, darf sie sich, 1990 gegründet, zu den Unternehmen mit berechenbarer Zukunftsperspektive zählen.

So erscheint es durchaus passend, dass MetaDesign beim Umzug aus den zu klein gewordenen Kreuzberger Räumen nicht etwa einen symbolischen Neubau ins Auge gefasst hatte, sondern die behutsame Adaption eines Altbaus. Anders als bei den zahlreichen Loft-Projekten vor allem in Mitte war es bei der Herrichtung des jetzt "MetaHaus" genannten Gebäudes mit einigen wenigen Eingriffen allerdings nicht getan. Das ehemalige Abspannwerk der Berliner Elektrizitätswerke (Bewag) in der Charlottenburger Leibnizstraße bot eine so spezielle Struktur, dass die Herrichtung für eine Büronutzung nicht unbedingt auf der Hand lag. Immerhin barg das Abspannwerk ganz überwiegend elektrische Geräte, doch nur eine Handvoll Arbeitsplätze für Techniker, meist untergebracht in der im Gebäudeinneren gegen jeden störenden Lichteinfall abgeschirmten Schaltwarte, von der aus alle Abläufe gesteuert und überwacht wurden.

Diese Schaltwarte zählt zu den denkmalgeschützten Innenräumen des in seiner baulichen Hülle insgesamt unter Schutz stehenden Gebäudes. Sie birgt jetzt einen Konferenzraum, zu dem die Messinstrumente ringsum ein ganz eigenes Dekor liefern. Ansonsten erinnert nur mehr wenig an die ursprüngliche Aufgabe des 1928 von Hans Heinrich Müller errichteten und noch Anfang der fünfziger Jahre erweiterten Gebäudes neben der Trasse der Stadtbahn.

Die Berliner Architekten Paul und Petra Kahlfeldt, die durch mehrere solcher Umbauvorhaben zu Hütern des baulichen Erbes der Bewag geworden sind, haben dem mit wunderschönem Backstein verkleideten Stahlskelettbau mit seinen 10 000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche über 7000 Quadratmeter Nettonutzfläche für Büros, Besprechungs- und Präsentationsräume abgerungen. Für die derzeit 160, zukünftig aber bis zu 250 Mitarbeiter von MetaDesign hat das ausgiebiges Treppensteigen zur Folge. Das Haus ist um einen lang gestreckten, schmalen Lichthof gruppiert, der ursprünglich der natürlichen Be- und Entlüftung der Anlagen diente. Er wurde mit einem gläsernen Shed-Dach überdeckt. Die Fenster zum Hof können geöffnet werden, während die straßenseitige, in Stahlrahmen gefasste Einfachverglasung mit aufwändigen Isolierglas-Fenstern hinterfangen werden musste, auch zum Lärmschutz gegen die Bahntrasse.

Die Kahlfeldts sind Puristen. Ihre Einbauten beschränken sich auf das Notwendige. Türen und Durchgänge werden von Stahlrahmen gefasst, die Innenwände sind weiß geputzt, die Klinkerfassaden - dunkler zur Straße hin, hell im Lichthof - wurden geputzt. Der technisch-industrielle Charakter des Gebäudes bleibt erhalten; selbst neu eingefügte Treppenhäuser verraten nicht, dass sie jüngeren Datums sind. Auch die Einrichtung - durch C. Fischer Innenarchitekten - tritt nirgends großsprecherisch in den Vordergrund, und ebenso funktional zeigt sich die ausgefeilte Lichtgestaltung durch das österreichische Büro Conceptlicht.

Eine Vielzahl von Arbeitsplätzen ist zum Lichthof hin orientiert. Da gibt es auch ein paar kleine, auf neudeutsch Think tanks genannte Zimmerchen, in denen sich die stets kreativen Mitarbeiter auf besonders schwierige Aufgaben konzentrieren können. Die Einsehbarkeit der Arbeitsplätze, die ganze, wohl als "kommunikativ" geltende Atmosphäre stehen in reizvollem Kontrast zu der blockhaft abweisenden Großform des Gebäudes. Es steht als Solitär in der Straße. Durch seine nutzungsbedingt ungewöhnliche Stockwerksteilung und Befensterung gibt es sich als ein Sonderfall mitten im großbürgerlichen Wohnquartier zu erkennen. Nach 16-jährigem Leerstand ist mit dem "MetaHaus" ein Bauwerk wiedergewonnen, das an die großartige Tradition der Berliner Industriearchitektur anknüpft.

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