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Kultur: Abschied vom Alltag

Dem Begriff haftet etwas Abwertendes an: Der Alltag gilt gemeinhin als grau, langweilig und immergleich.Dabei treibt das Leben doch gerade im scheinbar Vertrauten seine prachtvollsten Blüten.

Dem Begriff haftet etwas Abwertendes an: Der Alltag gilt gemeinhin als grau, langweilig und immergleich.Dabei treibt das Leben doch gerade im scheinbar Vertrauten seine prachtvollsten Blüten.Zwanzig Jahre lang war die Zeitschrift "Der Alltag" den Sensationen des Gewöhnlichen auf der Spur, in den Rolltreppen-Labyrinthen der Metropolen genauso wie in der Feldweg-Beschaulichkeit der Provinz.Was die Zeitungen allenfalls als Kurzmeldung auf der Vermischten Seite abhandeln, wurde hier zum Gegenstand ausführlicher Betrachtungen, kein Thema war den Autoren und Fotografen des "Alltags" zu banal.Wie die DDR aus den Erinnerungen ihrer Bewohner erst jetzt entsteht, war da zu erfahren, aber auch, worin die Erotik des Sammelns von Telefonkarten liegt oder warum bestimmte Marmeladensorten immer nach Kindheit schmecken.Nun wird das Vierteljahresheft, das zunächst im Züricher Scalo-Verlag erschien und 1993 zu Elefanten-Press nach Berlin wechselte, nach fast 80 Ausgaben eingestellt.Schuld daran: "Das liebe Geld", das erst unlängst Schwerpunkt einer Nummer gewesen war.Zum Abschied widmet sich ein Doppelheft der "Sittenlockerung" zwischen Love-Parade und TV-Spätprogramm (272 Seiten, 38,- DM).Über das Ende der Zeitschrift diskutiert Herausgeber Michael Rutschky heute abend ab 20 Ohr im Berliner Literaturhaus an der Fasanenstraße mit Autor Jörg Lau; Sabine Vogel, Iris Hanika und David Wagner lesen aus ihren "Alltag"-Texten. (chs)

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