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Kultur: Abschied von gestern

Eine

von Bernhard Schulz

Thank you, auf Wiedersehen! Abschiedsstimmung verbreiteten die rosaroten Plakate schon seit Tagen. Nun ist „MoMA in Berlin“ Geschichte. Es schlägt die Stunde der Buchhalter, die den Erfolg in nüchternen Zahlen berechnen. Bleibt mehr übrig als die von MoMAErmöglicher Peter Raue genannte „schwarze Null“, hat die Neue Nationalgalerie den Segen. Ein heißer Erwerbungswunsch soll schon gen New York unterwegs sein. Raue wäre nicht Raue, würde er sich die Erfüllung nicht für einen weiteren Triumph aufsparen.

In dessen Glanz würden sich dann auch die Nationalgalerie-Verantwortlichen sonnen. Damit nach dem MoMA-Gastspiel kein Katzenjammer aufkommt, haben sie den Auftakt der „Friedrich-Christian-Flick-Collection“ im unmittelbaren Anschluss angesetzt. Morgen Abend spricht Kanzler Schröder zur Eröffnung. Eine gewichtigere politische Weihe kann es nicht geben.

Um die musealen Weihen hingegen steht es schlechter. MoMA war für die Staatlichen Museen, als ob es Sterntaler regnete. Viele Gedanken musste man sich, über die bewundernswürdige Logistik hinaus, nicht machen. Was danach kommt, ist – Flick. Ob es neben der Einwerbung der Flick-Sammlung eine langfristige Strategie der Nationalgalerie gibt, ist bislang nicht deutlich geworden.

Dabei könnte es keinen besseren – allerdings auch keinen drängenderen – Termin zu frischen Überlegungen geben als den jetzigen. Die Neue Nationalgalerie muss nach dem erborgten Glanz des MoMA-Auftritts wieder selbst – und entschiedener denn je zuvor – für Furore sorgen. Die verzwickte Situation im Bereich der Kunst nach 1960 mit den benachbarten Leih-Sammlungen von Hamburger Bahnhof und Flick-Collection muss neu bedacht werden. Das bringt die Gemäldegalerie ins Spiel, von Museums-General Peter-Klaus Schuster längst als künftiger Standort der Klassischen Moderne ersehnt – und womöglich bereits Option, wenn im Herbst 2006 manches Altmeistergemälde ins dann renovierte Bode-Museum übersiedelt.

Am heutigen Montag ziehen Raue und Schuster erst einmal die freudige MoMA-Bilanz, bevor sie sich morgen im Blitzlichtgewitter um Flick tummeln. Danach aber kommt der Alltag – und mit ihm eine gewaltige Herausforderung. Manch einer wird sich nach den unbeschwerten Tagen von MoMA noch zurücksehnen.

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