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Abschluss der Luise-Feiern bei Potsdam: In Schloss Paretz zeigt man die Kleider der Königin

Intimer Abschluss der Luise-Feiern: Die Ausstellung in Schloss Paretz bei Potsdam ist der Königin und ihrer Garderobe gewidmet.

Gerade ist wieder ein Strumpfband der Königin aufgetaucht, perlenbestickt, angeblich eigenhändig. Das Ostpreußische Landesmuseum Lüneburg, das zum Luisenjahr natürlich auch mit einer Ausstellung aufwartet, erzählt die rührende Geschichte eines Lüneburgers, in dessen Familie das kostbare Stück wie eine Reliquie bewahrt wurde, gemeinsam mit einem Brief, der die Echtheit verbürgen soll. Luise soll das Band gemeinsam mit einem Geldbeutel, einer Brosche und zwei Holzhunden bei ihrer Flucht ins Exil der Familie des Grafen von Podewils aus Dankbarkeit vermacht haben.

Erinnerungsstücke dieser Art finden sich natürlich auch in der Ausstellung in Schloss Paretz bei Potsdam, die der Königin und ihrer Garderobe gewidmet ist. Es ist die abschließende Ausstellung des Luise-Reigens, den die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten anlässlich des 200. Todestags ausgerichtet hat. Und es ist die mit Abstand schönste und intimste geworden.

Was natürlich auch am Ausstellungsort liegt, jenem bescheidenen Schlösschen Still- im-Land, wie Fontane es nannte, das auch heute, nach liebevoller Restaurierung durch den Verein Historisches Paretz, samt Museumsdorf eher wie ein Mustergut denn wie eine königliche Residenz erscheint. Hier, in den niedrigen, als Enfilade angelegten Räumen, sind die wenigen überlieferten Kleidungsstücke präsentiert, dazu Schmuck, Schals und Hüte, Puderdöschen und Gemälde. Besonders die acht Kleider, in Glaskästen zwischen die Türen platziert, wirken, als sei Luise gerade erst aus den Räumen geschwunden.

Was auch an der enormen Flüchtigkeit der damaligen Mode lag. Empire heißt der Stil der Zeit, der sich an der griechischen Antike orientiert, und für eine kurze Zeit, nur zwanzig Jahre, zwischen Rokoko-Pomp und Biedermeier-Biederkeit so etwas wie Luft und Leben und erstaunliche Freizügigkeit verheißt. Nicht umsonst läuft diese Mode um 1800 mit ihren durchscheinenden Gewändern und hautfarbenen Unterkleidern als „Nuditäten-Mode“, und nicht wenige Zeitgenossen äußern sich ziemlich entsetzt ob des Auftritts ihrer Majestät: „So hüllenlos wie Königin Luise...“

Luise konnte es sich leisten. Hochgewachsen und schlank, mit 1,73 Metern weit größer als der Durchschnitt – Schuhgröße 41! –, und dazu durch ihre zehn Schwangerschaften fast immer in anderen Umständen: Da kamen die leichten, unter der Brust gegürteten und danach frei fallenden Gewänder gerade recht. Das weiße Musselin-Kleid, das zur Morgengarderobe gehört, das Oberteil eines Tageskleids, der einfache Strohhut beeindrucken weit mehr als die silberbestickte Gala-Robe. Sie könnten in jedem Jane-Austen-Kostümfilm vorkommen.

Wie Luise ausgesehen hat, ob blond oder braun, man weiß es heute nicht. Die Porträts, schon die zu Lebzeiten entstandenen, neigen zur Idealisierung. Umso exakter sind sie, was die Kostüme angeht. Als es, nach Luises frühem Tod mit 34 Jahren, darum ging, den untröstlichen König mit Bildern zu erfreuen, wurden die Kleider der Königin noch einmal vorgeholt, eine Kammerzofe musste Modell stehen. So ist in Paretz das schlichte blaue Seidenkleid mit Spitzenrand zu sehen, das Wilhelm Ternite in seinem posthumen Bild verwendet, dazu ein ehemals violetter Morgenrock und eine Reituniform.

Aufgeräumt wird dafür mit manchem Mythos. Die berühmte Kinnbinde, die so viele Luise-Bildnisse ziert, sie soll nicht dazu gedient haben, eine Geschwulst am Hals zu verbergen, wie bislang kolportiert. Der alte Schadow, der Luise oft – mit Binde – porträtiert hat, hat vielleicht in seinen Erinnerungen verfälscht. Denn die lange Reihe von Porträts von Zeitgenossen, alle mit Halsbinde, beweist, es war vielleicht doch eher eine Mode als eine Maladie. Hat Luise, die sich mit Modejournalen immer auf dem neuesten Stand hielt, in ganz Europa Mode gemacht mit ihrer Halsbinde? Oder hat sie sie nur geschickt übernommen?

Wie stilprägend Frauen waren wie Madame Récamier und Joséphine Beauharnais, die erste Frau Napoleons, zeigt sich daran, dass auch Luise sich an ihnen orientierte. Geschenke unter Herrscherhäusern waren absolut üblich, egal ob als Freundschaftsbeweis oder Besänftigung. Luise berichtet 1803 entzückt, dass Joséphine ihr „12 Hüte und Bonnets, einen Karton voller Blumen und einen Karton mit einem Spitzenkleid von ungeheurem Wert, ein schwarzes Spitzenkleid und ein Ballkleid in Stahl gestickt, pompös“ geschenkt habe. Vom russischen Zaren kommen Pelze und Kaschmirschals. Einige davon sind auch in Paretz zu sehen. Man würde sie heute noch gerne tragen.

Preziosen gibt es in Mengen, prächtige Ohrgehänge, Petschaften, Ringe. Die betont einfachen Kleider erforderten reichen Schmuck. Luise, die eine Apanage von 1200 Talern pro Monat hatte und von ihrem Mann kräftig unterstützt wurde, entwickelt eine wahre Leidenschaft für Schmuck. Anrührender jedoch sind die privaten Dinge. Schminkzeug, Salben, Puderquasten, ein Rezept für Rosenmilch, das Luise eigenhändig kopiert. Friedrich Wilhelm III. sah es nicht gern, wenn sie sich schminkte, und in einem Brief droht sie scherzhaft: „Apropos, ich habe mir was ausgedacht. Um dich dafür zu bestrafen, dass du sonnabends so viel Champagner trinkst, teile ich Dir mit, dass ich mich für die ganze Zeit meines Aufenthalts in Potsdam schminken lassen werde, und wenn ich erfahre, dass du kommenden Sonnabend auch noch so viel trinkst, werde ich es in Paretz ebenso machen.“. Der König, der übrigens Luise seinen abgeschnittenen Zopf verehrte, sammelt nach ihrem Tod die Haarsträhnen aus ihrem Kamm, bewahrt sie in einem Kästchen als Andenken auf.

Und dann gibt es noch sechs elfenbeinerne Bürstchen in einem Kästchen. Es sind die Zahnbürsten der Königin. Luise litt Zeit ihres Lebens an Zahnschmerzen.

Schloss Paretz bei Potsdam, bis 31. Oktober, Di bis So 10 bis 18 Uhr. Katalog (Hirmer) 29,90 €. Reiches Rahmenprogramm unter www.spsg.de/LUISE 2010.

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