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Kultur: Abwarten und Kaffee trinken

trauert den Wärmestuben nach Wenn das Berliner Nachtleben außer Techno und der Reanimation der Open- Air-Party etwas Typisches hervorgebracht hat, dann Wohnzimmerclubs. Meist im Erdgeschoss von Altbauten mehr dürftig als komfortabel möbliert, entstand hier eine neue deutsche Gemütlichkeit, eine Art Ostberliner Neo-Biedermeier: Stuck und Dielenboden hatte die Kaiserstadt in repräsentativer Großzügigkeit hinterlassen, das Mobiliar kam vom Flohmarkt.

trauert den Wärmestuben nach Wenn das Berliner Nachtleben außer Techno und der Reanimation der Open- Air-Party etwas Typisches hervorgebracht hat, dann Wohnzimmerclubs. Meist im Erdgeschoss von Altbauten mehr dürftig als komfortabel möbliert, entstand hier eine neue deutsche Gemütlichkeit, eine Art Ostberliner Neo-Biedermeier: Stuck und Dielenboden hatte die Kaiserstadt in repräsentativer Großzügigkeit hinterlassen, das Mobiliar kam vom Flohmarkt. Egal, ob Gelsenkirchener Plüsch oder realsozialistische Sachlichkeit: Wichtigstes Element waren Sessel und Sofas.

Darin versunken ließ sich zwischen Vordiplom und Hartz-IV die Zeit aufs Angenehmste vertrödeln und aus diesen Tagträumen entstand gelegentlich sogar Kultur, die auf Stehgreiflesungen und improvisierten Live-Talkshows vorgetragen wurde. Der Bedarf an solchen Wärmestuben war groß, solange der Osten dank Gamat und Kachelofen noch denkbar unwirtlich wirkte. Seit er weitgehend laminiert, fußbodenbeheizt und dachverglast ist, hat das gute alte Wohnzimmer ausgedient.

Insofern ist es konsequent, wenn mit dem nbi nun ein weiterer Veteran der Kuschelkultur sein altes Domizil aufgibt. Der als „Neue Berliner Initiative“ gegründete, an eine DDR-Jugendzeitschrift erinnernde kleine Club, zieht ins Areal der Kulturbrauerei (Schönhauser Allee 36) um, und feiert heute um 20 Uhr Wiedereröffnung. Die jahrelang am Mischpult werkelnden Klangkünstler sind erwachsen geworden, und für erfolgreiche Kommunikationskunst wie die „Bunny Lectures“ war das alte nbi zu klein geworden. Nun gibt es eine Tanzfläche und die Auswahl der DJs von Gudrun Gut (Ocean Club) bis Phon.o (Shitkatapult) und Trike (BPpitch Control) zeigt, dass es dem neuen nbi ernst ist mit elektronischer Musik. Dass der alte Charme erhalten bleibt, kann man nur hoffen. Der benachbarte, total sanierte Frannz-Clubs offenbart ja, dass Professionalität nicht alles ist. Das Gegenteil vom Wohnzimmer ist die Großraumhalle.

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