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Kultur: Ach, Kuba!

Volksbühne goes Folklore: „El Perro Cubano“

Eine Telenovela auf der Bühne – das hat zumindest einen Vorteil: Wenn die Regie nicht weiter weiß, können sich die Schauspieler in theatralische Großgesten retten, in melodramatische Grimassen oder Schreianfälle. Telenovela, das ist Emotion in XXL-Format, ohne lästige Subtilitäten und formale Durchdringung des Stoffes. Ein Freibrief für alles: Als einen solchen hat die Volksbühnen-Schauspielerin Carolin Mylord die Gattungsbezeichnung während ihres Ausflugs in die Regie unter dem Titel „El Perro Cubano“ („Der kubanische Hund“) offensichtlich auch verstanden.

Auf der Hinterbühne stolpern und schreien und prügeln neun überforderte Schauspieler fast zwei Stunden lang durch eine in Kuba angesiedelte absurde Handlung. Es beginnt 1990 mit einer Geburt in einem Taxi, und sofort zeigt der Abend, dass er auf Hauruck-Aktionismus hinauswill. Ein aufgeregt herumkrakeelender Transvestit (Axel Wandtke) assistiert bei der Geburt eines Jungen namens Ismael, die in einem kubanischen Oldtimer hinter der Volksbühne stattfindet und per Wackelkamera (Film: Andreas Deinert) auf eine Leinwand ins Innere des Theaters übertragen wird – wo das Publikum auf der Drehbühne sich bei Szenenwechseln im Kreis dreht.

Bis ins Jahr 2014 wird nun das Leben dieses Ismael (Thomas Müller), Sohn einer Prostituierten, verfolgt. Wie er als 17- Jähriger mit einer Frau namens Swetlana (Marie Löcker) schläft und wegen eines seltsamen Schusswechsels für vier Jahre im Gefängnis landet. Wie er nach seiner Entlassung immer noch in Swetlana verliebt ist, die inzwischen aber den bei dem Schusswechsel verletzten Polizisten Raul Julio (Max Gertsch) geheiratet hat. Körperlichen Trost findet Ismael derweil bei Barbara (Marinella Damiani). Außerdem tritt ein gewisser Arturo Ortiz (Arturo Martinez) auf, Polizist, Priester, Musiker, der nicht nur ständig tanzt, sondern auch ein Bildreferat über kubanischen Voodoo hält, mit Geiereiern, Zauberkieseln und allem Pipapo. Doch was bedeutet dieses okkulte Rumoren? Es kommt nur vor, um vorzukommen. Genauso wie kubanische Revolutionssprüche, so genannte heiße Rhythmen und Szenen, in denen Fidel Castro imitiert wird. Offenbar schüttet die Regisseurin, die ein Jahr in Havanna gelebt hat, hier bloß ihre Tasche mit kunterbunten Kuba-Erfahrungen aus – und das Ganze auch noch in hilflos abgeguckter Castorf-Manier.

„Inspiriert durch Almodóvar und Buñuel“ steht auf dem Besetzungszettel zu dieser gähnend langweiligen Kuba-Folklore. Immerhin Galgenhumor haben sie am Gespenstertheater am Rosa-Luxemburg-Platz. Andreas Schäfer

Wieder am 22., 24., 28. Juni und 2. Juli

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