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Kultur: Ach, wäre die Welt doch ein Schneideraum „Anklaget“ aus Dänemark: die Pressekonferenz

Nein, ein Verkaufsroutinier unter den Regisseuren ist Jacob Thuesen noch nicht. Vielleicht hat der Cutter für die Größen des dänischen Films – von Lars von Trier bis Susanne Bier – zuviel Lebenszeit im Schneideraum verbracht, um nun für sein Spielfilmdebüt ganz relaxed ins Scheinwerferlicht zu treten.

Nein, ein Verkaufsroutinier unter den Regisseuren ist Jacob Thuesen noch nicht. Vielleicht hat der Cutter für die Größen des dänischen Films – von Lars von Trier bis Susanne Bier – zuviel Lebenszeit im Schneideraum verbracht, um nun für sein Spielfilmdebüt ganz relaxed ins Scheinwerferlicht zu treten. „Nicht der beste Film der Welt“: So hat er gegenüber den verwunderten Reportern der dänischen Zeitung „Politiken“ die Einladung seines Films in den Berlinale-Wettbewerb kommentiert. Und auch bei der Pressekonferenz in Berlin ist seine erste Ansage nur: „Ich bin nervös.“

Auch sein inhaltliches Statement zu Beginn, ihm sei es mit „Anklaget“ weniger um das Thema Kindesmissbrauch gegangen als darum, wie sich einer fühlt, der plötzlich ins Gefängnis kommt, befremdet ein wenig. Geht es doch 100 hochangespannte Filmminuten lang darum, wie da einer verleugnend, taktierend mit seiner konkreten Schuld umgeht; der allgemeine soziale Absturz könnte da doch erstmal nebensächlich sein. Sagen wir’s so: Das Drehbuch von Kim Fupz Aakeson (sein letzter Film: „In Your Hands“) ist weitaus klarer als der Regisseur.

Da machen die Schauspieler, beide Eltern von kleinen Kindern, ihre Sache vor der Presse schon besser. Troels Lyby interpretiert seine Figur als einen „Mann, der sich selbst nicht verzeihen kann und der geradewegs in die Hölle marschiert“ – da mögen ihn die Justiz und seine Frau noch so entlasten. Paradox sei es, dass der Held sich dabei sogar als „Märtyrer“ sehe, obwohl er weiß, dass er etwas Schreckliches getan hat. Und als eine Journalistin nicht glauben mag, dass eine Ehefrau erst so lange von nichts wisse und dann auch noch unbedingte Loyalität zu ihrem Mann halte, entgegnet Sofie Grabol, im wirklichen Leben Ehefrau des Regisseurs, gelassen: „Die Frau ist bedroht in ihrer eigenen Identität. Sie verdrängt, dass sie ihre Tochter nicht beschützt hat. Verleugnung ist Lebensbestandteil vieler Menschen.“

Bei soviel Beistand könnte Jacob Thuesen sich beruhigt zurücklehnen. Tut er aber nicht. Immerhin schweigt er jetzt lieber. Ach, wenn die Welt doch ein Schneideraum wäre.

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