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Ägyptisches Museum Berlin: Hatschepsut kommt ins Gerede

Die Büste von Hatschepsut gehört neben der Nofretete zu den bedeutendsten des Ägyptischen Museums Berlin. Doch nun ist nun auch die Dame mit dem angeklebten Kinnbart ins Gerede gekommen.

Die Geschichte liest sich wie eine Räuberpistole. Für 1 Million Mark erwarb 1986 das Ägyptische Museum in Berlin eine Büste der Pharaonin Hatschepsut, ein besonders seltenes Stück, da Thutmosis III., der Stiefsohn der vor 3500 Jahren regierenden Königin, fast sämtliche Bildnisse zerstören ließ. Der 16,5 Zentimeter große Kopf gehört neben dem Haupt der Nofretete zu den bedeutendsten Stücken des Hauses. Doch ähnlich wie Nofretete, die erst vor zwei Monaten von einem Forscher als unecht deklariert worden war, ist nun auch die Dame mit dem angeklebten Kinnbart ins Gerede gekommen.

Beweismittel für den nun im „Spiegel“ erhobenen Verdacht ist eine Handvoll Steinsplitter, die damals angefallen war, als die Büste kurz nach dem Erwerb einen Sockel erhalten sollte und von unten angebohrt wurde. Die kleine Tüte mit antikem Schutt soll 2008 auf rätselhafte Weise in Hände des Ägyptologen Klaus Köller gelangt sein, der bereits vor vier Jahren in einer wissenschaftlichen Publikation Zweifel geäußert hatte. Die Steinrelikte hat er nun von der TU Berlin untersuchen lassen. Die dortigen Gutachten bezeichnen das vorgelegte Material als „Magnesit-Siderit-reiches Gestein“, kommen also nicht auf „bräunliches Granit“, wie es in der offiziellen Museumsbeschreibung für Hatschepsuts Kopf heißt. Außerdem wurde eine „faserige“ Substanz entdeckt. „In der Baustoffindustrie finden derartige Materialien als Kalksandstein oder Mörtel Verwendung,“ so die Gutachter der TU.

Dietrich Wildung reagiert mit Gelassenheit auf die nun erhobenen Vorwürfe, Hatschepsut sei eine Fälschung, wenn auch eine exzellente. Der auch nach seiner Pensionierung als Direktor des Ägyptischen Museums Ende vergangenen Monats mit der Einrichtung des Neuen Museums betraute Archäologe hält die gemachten Schlussfolgerungen für falsch, da völlig ungesichert sei, ob es sich tatsächlich um Proben der Hatschepsut-Büste handelt. Eigene weitere Untersuchungen hält er überflüssig. Das Berliner Rathgen-Institut und der Münchner Geologe Dietrich Klemm hatten allerdings schon damals den bräunlichen Stein nicht einordnen können. Die Zweifel an der Echtheit hält Wildung für einen Versuch fragwürdiger Forscher, sich selbst in Szene zu setzen. Die berühmte Erbauerin des Totentempels von Dair al-Bahari soll deshalb weiterhin wie geplant im Erdgeschoss des Neuen Museums gemeinsam mit 26 weiteren Skulpturen aufgestellt werden und dort den Wandel des Menschenbildes im Laufe von 30 Jahrhunderten demonstrieren. Hatschepsut, wie könnte es anders sein, schweigt sich wie Nofretete zu solchen Auseinandersetzungen aus. Nicola Kuhn

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