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Kultur: Aktion Sorgenfrei Wie die Berliner Philharmoniker ihren neuen Intendanten suchen

„Die Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Bewerbung“. Ein merkwürdiger Satz für eine Stellenanzeige, in der nicht etwa nach einer Stenotypistin oder einem ZeitungsRedakteur gesucht wird, sondern der Intendant der Berliner Philharmoniker.

„Die Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Bewerbung“. Ein merkwürdiger Satz für eine Stellenanzeige, in der nicht etwa nach einer Stenotypistin oder einem ZeitungsRedakteur gesucht wird, sondern der Intendant der Berliner Philharmoniker. Doch die Sprachklausel ist nicht die einzige verblüffende Formulierung in der Annonce. Von Musik ist da kaum die Rede, umso mehr von „Erfahrungen auf dem Gebiet des Wirtschaftens“ und „hoher integrativer Begabung“.

Die Philharmoniker, das zeigt der Anzeigentext, sind gebrannte Kinder, nachdem die Zusammenarbeit mit dem letzten Amtsinhaber, Franz Xaver Ohnesorg, gescheitert war. Zu hart waren die Herangehensweisen des forschen Rheinländers und des traditionell basisdemokratisch selbstverwalteten Orchesters aufeinander geprallt. Nachdem die Musiker zeitweilig sogar die Möglichkeit eruiert hatten, auf einen Intendanten ganz zu verzichten, suchen sie nun nach einer Persönlichkeit, die nicht selber im Mittelpunkt stehen will, sondern bereit ist, „die künstlerischen Entscheidungen, die der Chefdirigent gemeinsam mit den Orchestervertretern im Stiftungsrat getroffen hat, umzusetzen“. „Natürlich denken wir nicht an den reinen Managertyp“, erklärt Orchestervorstand Peter Riegelbauer im Gespräch mit dem Tagesspiegel. „Ein gutes Maß an musikalischer Vorbildung sollten er oder sie schon mitbringen. Aber wir sind wir offen für Quereinsteiger, wollen weg von den üblichen Verdächtigen des Intendanten-Karussells.“

Die Kompetenzbeschneidungen beim Intendanten interpretiert Riegelbauer positiv: Dadurch, dass Chefdirigent Simon Rattle und das Orchester die künstlerische Linie bestimmen und der Konzertplaner Stephan Gehmacher die Kontakte zu Gastdirigenten und Künstleragenturen pflegt, erwüchsen dem Intendanten „neue Freiräume“. Die gewonnene Zeit soll er nutzen, um Management und Marketing der Philharmonie zu verbessern, Lobbyarbeit bei der Politik zu betreiben, die Öffnung des Scharoun-Baus weiter voran zu treiben sowie das neue Education-Program zu betreuen.

Obwohl eindeutig ein „zweiter Mann“ gesucht wird, sind „erstaunlich viele Bewerbungen“ (Riegelbauer) bei den Philharmonikern eingegangen. Eine erste Sichtungsrunde hat die Findungskommission bereits hinter sich. Wann der Neue sein Amt antreten sollte? „Am liebsten morgen“, gibt Riegelbauer zu. Notfalls wären die Musiker aber auch bereit, ein bis zwei Jahre zu warten, wenn der beste Kandidat noch anderweitig vertraglich gebunden ist. Vorausgesetzt, er spricht fließend Deutsch. F.H.

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