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Kultur: „Alexis Sorbas“ war sein größter Hit Zum Tod des Regisseurs

Michael Cacoyannis

Wenn man nur die Produktionen gelten lässt, die auch im Ausland wahrgenommen werden, dann ist das griechische Kino noch relativ jung. Seine Geburt ereignete sich 1955 in Cannes. Im Wettbewerb lief Michael Cacoyannis’ „Stella“, eine Variation der Carmen-Geschichte, aber mit einer Hauptdarstellerin, die jede bisherige Interpretin in den Schatten stellte. In einer unvergesslichen Schlusssequenz stellt sich Melina Mercouri dem Mann entgegen, dem sie den Kopf verdreht und den sie dann verlassen hat. Er hält ein Messer in der Hand. Er ruft ihr zu, sie solle wegrennen, sonst müsse er sie töten. Aber sie steht da wie ein Fels, breitschultrig und mit blonder Löwenmähne. Sie weicht nicht aus und ist noch im Tod die Stärkere.

Für Hollywoods Talentsucher hätte es eigentlich nahegelegen, den Star einzukaufen und das restliche Team seinem Schicksal zu überlassen. Stattdessen richtete die 20th-Century-Fox einen eigenen Produktionsstandort in Griechenland ein. Heraus kam ein Phänomen, das man Grollywood oder Greekwood nennen kann. Rund zehn Jahre lang entstanden mit US-Geld ambitionierte Unterhaltungsfilme, die auf großen Festivals gezeigt und für Oscars nominiert wurden. Cacoyannis inszenierte auch „Alexis Sorbas“ (1964), der dank der Präsenz von Anthony Quinn und der Sirtakiklänge von Mikis Theodorakis ein Hit und ein Stück Folklore geworden ist. Das brachte Cacoyannis den Vorwurf ein, sich bei Griechenland-Touristen anzubiedern.

Cacoyannis’ Vorbild waren die italienischen Neorealisten, vor allem Luchino Visconti. Wie dieser konnte er seine Liebe zur Oper und zur antiken Tragödie nicht unterdrücken, so dass realistische Alltagsschilderungen und pathetische Überhöhungen nahtlos ineinander übergingen. Für einen Vermittler zwischen den Kulturen hatte er den passenden Lebenslauf: Den Zweiten Weltkrieg verbrachte er in London, wo er unter dem Namen Michael Yannis am Old Vic tätig war. Wie kein anderer konnte er seine nationale Kultur Nicht-Griechen vermitteln. Mit Irene Papas in der Hauptrolle verfilmte er „Elektra“ (1962) und „Iphigenia“ (1977), und für „Die Troerinnen“ (1971) versammelte er Katharine Hepburn, Vanessa Redgrave, Irene Papas und Genevieve Bujold. Wenig Beachtung fand sein letzter Kinofilm „Der Kirschgarten“ (1999) mit Charlotte Rampling als Ranewskaja. Auch wenn ihn Theo Angelopoulos als Repräsentant des griechischen Kunstkinos abgelöst hat: Cacoyannis' Platz in der Filmgeschichte ist wegen seiner frühen Werke gesichert. Am Montag ist er mit 89 Jahren in Athen gestorben. Frank Noack

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