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Kultur: Alina Wituchnowskaja: Kaffee Burger

Die Frau hinter den Gitterstäben ist klein und blass. Mit ihren langen schwarzen Haaren und der ebenfalls schwarzen Kleidung sieht sie aus als würde sie gerne finstere Musik hören.

Die Frau hinter den Gitterstäben ist klein und blass. Mit ihren langen schwarzen Haaren und der ebenfalls schwarzen Kleidung sieht sie aus als würde sie gerne finstere Musik hören. Doch so gefährlich, dass man sie in einen Käfig sperren müsste, wirkt Alina Wituchnowskaja eigentlich nicht. Der russische Geheimdienst und die russische Justiz sahen das anders: Weil die heute 27-jährige Autorin einen Artikel über synthetische Drogen veröffentlich hatte, wollten die Beamten von ihr mehr über die Moskauer Szene erfahren - am liebsten über prominente Junkies. Alina Wituchnowskaja schwieg und wurde schließlich selbst des Drogenbesitzes verdächtigt. Über ein Jahr verbrachte sie im Gefängnis. Jetzt sitzt sie auf der kleinen Bühne des Kaffee Burger und an ihre harte Zeit erinnern nur noch Fernsehaufnahmen der grotesken Gerichtsverhandlungen, die in ihrem Rücken flimmern. Inzwischen trägt die Schriftstellerin blonde Haare, ein enges rotgemustertes Top und Plateaustiefel. Das ist sehr irritierend, denn aus ihrem Mund fallen immerzu Bomben: "Inquisitorenhände", "Pornoteufel", "Erschießungstunnel" sagt sie ganz ruhig auf Russisch. Bert Papenfuß liest aus deutschen Übersetzungen, die noch nicht als Buch erhältlich sind. Die Gedichte und kurzen Prosastücke stecken randvoll mit Wut und Aggression gegen alles und jeden. Einem Plastikigel werden vor der Hinrichtung die Stacheln geschoren, ein Terrorist kämpft für "das absolute Nichts", ein Liebespaar verzehrt sich selbst. Das Leben kann man nicht ernsthaft wollen, aber der Tod ist auch keine Lösung schreien die Zeilen von Alina Wituchnowskaja. Ein wenig erträglicher werden sie nur durch den kühlen Humor, der für Momente aufblitzt: "Tausche Genialität gegen Neutronenbombe."

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